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Deutsches Röntgen-Museum Nachlass Bertha Röntgen [83024]
Bertha Röntgen an Louise Grauel (04./07.03.1896), 83024_1 (DRM CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: DRM (CC BY-NC-SA)
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Bertha Röntgen an Louise Grauel (04./07.03.1896)

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Beschreibung

Brief von Bertha Röntgen an Louise Grauel, geb. Röntgen, die Cousine ihres Mannes Wilhelm Conrad Röntgen in Indianapolis über die Entdeckung der X-Strahlen und die Reaktion der Öffentlichkeit darauf. Aufforderung zum Besuch in Deutschland anlässlich der Silbernen Hochzeit der Röntgens (Januar 1897), Briefe von Verwandten und Bekannten, Reaktionen der Bürger und der Politik in Röntgens Heimatstadt Lennep auf die Entdeckung, Entwicklung ihrer Nichte und Pflegetochter Josephine Bertha Ludwig, Umzugs der Grauels in Indianapolis, Reise der Röntgens nach Sorrent anlässlich des Geburtstags von Wilhelm Conrad Röntgen.

Material/Technik

Papier, Tinte

Maße

Höhe: 17,9 cm, Breite: 11,3 cm

Abschrift

Original: Deutsch

83024tranScriptoriumTRP document creator: Marcel Michels M.A.

Würzburg 4. März. 1896. Liebe, beste Luise! Heute begin̄e ich endlich an Dich zu schreiben, den̄ Du hast lange darauf warten müßen, etwas von uns zu hören. Gewöhnlich begin̄t man einen so lange verzögerten Brief mit einer Entschuldigung; daß möchte ich aber dieß Mal vermei- den, den̄ wir haben, mein Willy und ich schon so viel an Dir ge- sündigt; daß es mir fast wie ein Anrecht vorkom̄t, wen̄ ich es nicht gleich eingestehen wollte. Der einzige Grund, welcher hier etwas mitspielt, ist im̄er nur der, daß ich fühlte, daß es Dir viel mehr Freude machen wür- de, wen̄ Dein alter lieber Jugend- freund Dir selber schreibe, als durch seine Frau schreiben zu laßen. Mein Willy fühlt es ja selbst auch so und hat im̄er die schön- sten Vorsätze; aber zur Ausführ- ung derselben bleibt ihm wenig Zeit! So auch jetzt, laß es Dir liebe Luise genügen, daß ich diesen Brief an Dich schreibe, es geschieht ja auf Wunsch Willy's

dem es sehr leid thut Dich noch länger warten zu laßen und welcher vor Arbeit nicht weiß wo er bleiben soll. Ja liebe Luise es ist keine Kleinig- keit, ein berühmter Man̄ zu werden, und die Wenigsten haben einen Begriff, welche Ar- beit und Unruhe so etwas mit sich führt. - Als Willy mir im November erzählte, daß er eine schöne Arbeit habe, hatten wir noch keinen Begriff, wie die Sache aufgenom̄en werde. Doch kaum hatte er die Arbeit publiziert, so war unsere häus- liche Ruhe dahin. Jeden Tag muß ich staunen über die enorme Arbeitsfähigkeit meines Man̄es, daß er neben den tausend Kleinigkeiten die ihm zugemuthet werden, noch die vollen Gedanken bei seiner Arbeit behält. Jetzt aber wird es Zeit daß er Ruhe bekom̄t und ich rüste Alles zur Abreise, wir wollen für einige Wochen nach dem

Süden, damit Willy recht viel im Freien sein kan̄. Ich danke ja jeden Tag unserem lieben Gott herzlich, daß er ihn so ge- sund und kräftig ausgerü- stet; nicht desto weniger mache ich mir öfters Sorgen, ob es nicht doch einmal zu viel werden kön̄te. Doch ich rede ja fast nur von dem weniger schönen Theil un- serer Erlebniße und habe noch kein Wort über die große Freude des Erfolges seiner Ar- beit gesprochen. Und doch sind wir im Herzen voller Dank- barkeit; daß es uns vorbehalten war eine solch' schöne Zeit, zu er- leben. Wie viel Anerken̄ung hat mein lieber Schatz, für sein unermüdliches Forschen, es kön̄te einem oft schwindelig werden, von Allem Lob und Ehrbezeug- ungen. Es müßte beängstigend sein, wen̄ der Man̄, dem Solches be- schieden, ein Eitler wäre. Doch Du ken̄st meinen braven, bescheidenen Man̄, wie kein Anderer, Du kan̄st und wirst begreifen, daß die höchste Freu-

de ihm dadurch wurde, daß es ihm vorbehalten war, im Dienste der reinen Wissenschaft etwas Tüchtiges geleistet zu haben. und dieß liebe Luise ist auch meine innigste Freude und füllt mich mit Stolz. Wir wissen und fühlen, daß Du uns verstehst und danken Dir von ganzem Herzen dafür. Wir sagen Dir und Deinen Lieben, vielen Dank für die Glückwünsche und daß Ihr unser im̄er so freundlich gedenket. Laß mich liebe Luise hier die Ver- sicherung hinzufügen daß auch wir Deiner und Deiner Lieben öfters gedenken und wir uns aufrichtig über jede Deiner Nachrichten freuen. Mit warmen Intereße hören wir Dich von Deinen lieben Kindern erzählen, wie sie gedeihen und den Eltern Freude bereiten. Wie unendlich gerne möchten wir Euch Alle einmal sehen, aber wen̄ Ihr nicht in's alte Vaterland zurückkehrt, so wir es, fürchte ich, ein unerfüllter

Wunsch bleiben, den̄ Willy hat ja im̄er nur 8-9 Wochen Ferien und damit geht man nicht über den Ozean in ein Land, daß so weit und so schön sein soll. Zur silbernen Hochzeit solltest Du mit Deinem Man̄e kom̄en, das wäre eine schöne Überraschung! Du hast ja nun große Kinder, die Dir Dein Heim schon hüten würden. Überlegt es doch einmal, dan̄ feiern wir gleich Eure Hochzeit mit, den̄ soweit sind wir nicht von ein- ander. Bitte schreibe uns doch in Deinem nächsten Briefe, wan̄ Ihr dieselbe feiert? Ach wen̄ doch die lieben Eltern noch lebten, wie würden sie stolz und glücklich sein; waren sei doch schon bei früheren Förderungen ihres einzigen geliebten Sohnes schon so glücklich. So ist doch im Leben überall ein Tropfen Wermuth im schönsten Glücke. Es wird wohl so sein müßen, den̄ sonst müßte man wohl ein- mal fragen, warum dem Einen so viel Gutes wird und dem An- deren so wenig. Von deinem Bruder Heinrich ist ge- stern auch ein Brief gekom̄en, leider

der habe ich ihn noch nicht gelesen, den̄ ich habe in den letzten Tagen wenig Ruhe gehabt; Willy hat sich eine kleine Operation an der Nase machen laßen und mußte cloroformiert wer- den, worüber er ein paar Tage recht elend war. - Heute geht es besser und nun steht er schon wie- der unten im Laboratorium. In Len̄ep scheinen die Menschen nicht wenig stolz auf meinen Man̄ zu sein, den̄ sie sollen daran denken an seinem Geburtshaus eine Gedenk- tafel anzubringen; auch wollten sie ihn zum Ehrenbürger ernen̄en. Liebe Luise! Heute schreiben wir schon den 7ten ich ließ meinen Brief so lange liegen, hoffend daß Willy vielleicht doch auch ein paar Zeilen beifügt. Leider steht er so in der Arbeit, daß Du für diesmal wieder verzichten mußt; doch gedenkt er während der Ferienreise einige Briefe zu beantworten. Coh Bodenes schrieb schon 2 Mal, dan̄ Lina in Eden, Wilhelm in Campen, Mina Groll in Apeldoorn und noch viele holl. Bekan̄te; aber noch nicht Einer hat bis jetzt eine Antwort. Ich habe sehr viel geschrie-

ben; aber da ich viel Unangenehmes mit den Dienstboten hatte und eine Zeitlang gast ohne Hilfe war, so nahm mich die Haushaltung schon stark genug in Anspruch. Ich habe ja allerdings auch ein wenig Hilfe an meinem Nichtchen Bertha, welche anfängt ein großes Mädchen zu werden, sie ist jetzt 14 Jahre alt. - Sie macht uns Freude, den̄ sie ist ein gutes, liebes Kind und bringt ein wen- ig Leben in's Haus. Also Ihr seid wieder einmal ausgewandert! Hoffentlich dient dieser Wechsel zu Euerem Besten; es muß Dir doch allmählig auch schwerer werden, Dich im̄er wieder neu einzuleben. Wir wünschen von ganzem Herzen, daß Euch in dem neuen Heim recht viel Glück beschie- den sei. Verzeih liebe Luise, daß ich so flüchtig schreibe; aber es fehlt mir die Ruhe um es besser zu thun. Wir reisen nächsten Dienstag, da gibt es noch vieles zu thun. Willy's Geburtstag werden wir in Sorrento bei Neapel Hotel Victoria verleben.

Gedenke seiner mit der alten Anhänglichkeit. Und nun empfange Du sowie alle Deine Lieben unser Beider herz- lichsten Grüße, mit dem Wunsche recht bald wieder gut Nachrichten von Dir zu erhalten Deine Dich liebende B. Röntgen.

Karte
Verfasst Verfasst
1896
Anna Bertha Röntgen
Würzburg
Verfasst Verfasst
1896
Anna Bertha Röntgen
Würzburg
1895 1898
Deutsches Röntgen-Museum

Objekt aus: Deutsches Röntgen-Museum

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