Die untersetzten Figuren der Muttergottes und des Johannes (siehe Inv. Nr. 8613) stehen auf abstrakten Erdschollen und flankierten ehemals den gekreuzigten Heiland. Es handelt sich um rückseitig ausgehöhlte Hochreliefs, die ursprünglich an einer Rückwand fixiert waren, wovon entsprechende Befestigungsspuren zeugen. Während der Lieblingsjünger Jesu im Schmerz in sich gekehrt scheint, wandte sich Maria durch ihr emporgerichtetes Antlitz und den deutlichen Knick der rechten Hüfte ihrem Sohn am Kreuz zu.
Die Gesichter sind sehr ausdrucksstark und zeigen charakteristische Physiognomien. Wie häufig bei den zentralen Assistenzfiguren der Kreuzigung erscheint die gestisch expressivere Figur, hier Maria, in ihrer Mimik gefasster. Während die Muttergottes ihren Mund fest geschlossen hat, ist die obere Zahnreihe des auffallend jugendlichen Johannes deutlich erkennbar. Er hat seine Brauen zusammengezogen, der Kopf wirkt besonders im rechten Halbprofil wie eingeknickt. Die Gesichter sind insgesamt recht breit, die Stirn nicht hoch, die Augen liegen zumindest beim Evangelisten nah zusammen, das kleine Kinn tritt stark hervor; markant sind zudem die breiten Nasenflügel.
(Auszug aus: Tobias Kunz, Bildwerke nördlich der Alpen und im Alpenraum 1380 bis 1440. Kritischer Bestandskatalog der Berliner Skulpturensammlung, Petersberg, Michael Imhof Verlag 2019)
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