Der Konsolstein zeigt einen sehr grob gestalteten männlichen Kopf mit kurzen Haaren, flachem Gesicht und großen, asymmetrisch angeordneten Ohren, der seine Zunge herausstreckt. Erkennbar ist außerdem ein steifer, tellerartiger Kragen. Aufgrund der fratzenhaften Gestalt und der sichtbaren Zunge könnte es sich um einen sogenannten Neidkopf gehandelt haben. Solche seit dem hohen Mittelalter und besonders in der frühen Neuzeit weit verbreiteten Fratzen, deren Bezeichnung sich vom althochdeutschen Wort „Nid“ (Hass, Zorn, Neid) herleitet, waren vor allem an Hausfassaden platziert und sollten – laut Volkskunde – mit ihrem starrem Blick und ihren mitunter obszönen Gesten Unheil von den Bewohnern abwenden.
(Auszug aus: Tobias Kunz, Bildwerke nördlich der Alpen und im Alpenraum 1380 bis 1440. Kritischer Bestandskatalog der Berliner Skulpturensammlung, Petersberg, Michael Imhof Verlag 2019)
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