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Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [593]
https://id.smb.museum/digital-asset/5045800 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Der Jungbrunnen (The Fountain of Youth)

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Beschreibung

Die Sehnsucht des Menschen nach Unsterblichkeit und ewiger Jugend läßt ihn träumen. Er träumt davon, seinen müden, gebrechlichen Leib hinter sich zu lassen und erneuert und jugendfrisch wiederzuerstehen. Hilfe bei solcher Verjüngung versprach man sich von den Vier Elementen, denen man magische, zeugende und reinigende Kräfte zusprach. Erlebt doch jedermann, wie die Natur sich im Kreislauf des Jahres stetig erneuert. Im Frühjahr erwacht sie, reift im Sommer und trägt im Herbst Frucht; sie erstirbt im Winter, um dann erneut wiederzuerstehen. Diese Kräfte, die, immer neu gebärend, junges Leben schaffen, vermochten, so ging der Glaube, auch gealterten Menschen zu neuer Jugend zu verhelfen. Feuer und Wasser sprach man solche magischen Fähigkeiten mit Vorliebe zu. Wie der mythische Vogel Phönix gealtert im Feuer vergehe und zu Asche werde und aus dieser sich glänzend und verjüngt wieder erhebe, so sehne auch der Mensch sich nach Verwandlung. In vielerlei Mythen, Sagen und Märchen spricht sich diese Sehnsucht aus. Weit draußen in der Wildnis, fern von bewohnten Stätten, gebe es eine Quelle oder einen See. Das Wasser darin habe die Kraft, die Spuren des Alters hinwegzuwaschen. Wer darin bade, tauche aus dem Wasser verjüngt wieder auf. Das Thema war zu Cranachs Zeiten wohl jedermann geläufig. Schon im hohen Mittelalter ging die Sage vom Jungbrunnen in die Literatur ein. Im 15. Jahrhundert war ein solches Gedicht des Nürnberger Verseschmiedes Hans Rosenplüt verbreitet. Zwei Jahre nach Cranachs Jungbrunnen verfaßte Hans Sachs ein Gedicht zu dem Thema, mit Motiven, die an dessen Darstellung erinnern. Cranachs Gemälde ist keineswegs die einzige bildliche Fassung, es ist nur das einzige große Tafelgemälde dieses Themas, das wir kennen. In der Graphik ist die Darstellung eines Jungbrunnens nicht selten, auch als Wandgemälde kommt das Thema vor. Der Glaube an die reinigende Kraft des Wassers liegt auch rituellen, religiösen Waschungen zugrunde, die in vielen Religionen verbreitet sind. Die Taufe ist eine solche Reinigung von Sünden. Thomas Murner, der elsässische Humanist, hat in seiner »Badenfahrt« (Straßburg 1514) die Taufe als einen Jungbrunnen der Seele dargestellt. Dieser Gedanke fand auch bildliche Gestalt. Ein Gemälde Jean Bellegambes in Lille zeigt einen Taufstein, gefüllt mit dem Blut Christi. Ein Kruzifix ragt daraus empor wie ein Brunnenstock. Die Tugenden, Caritas und Spes, helfen den Gläubigen in das Bad, das ihre Sünden abwäscht. Der Jungbrunnen Cranachs hingegen ist von mehr weltlicher Art. Er liegt fern von der Stadt, deren Türme im Hintergrund aufragen: ein rechteckiges Becken, zu dem Stufen hinunterführen, zwischen Bergen und Wiesen gelegen. Frauen baden darin. Sie kommen auf dürren steinigen Wegen aus einem unfruchtbaren Bergland, dessen Kargheit sinnbildlich auf die Entbehrungen des Alters hinweist. Hilflos werden sie auf Karren oder Wagen herbeigefahren, auf Tragen oder auf dem Rücken werden sie herbeigeschleppt. Am Beckenrand helfen junge Frauen beim Entkleiden. Ein Doktor wirft noch einen letzten hoffnungslosen Blick auf seine Patientin, ehe diese ins Bad steigt. Als recht unterschiedlich erweisen sich dann die Charaktere. Manche Frauen steigen mutig ins Bad und durchqueren es entschlossen, andere sitzen zögernd am Rand und bedürfen der Überredung oder lassen sich gar hineinziehen. Als hinfällige, greisenhafte Vetteln steigen sie ins Becken. Dort entfaltet sich die zauberhafte Wirkung des Wassers. Wie die Frauen das Becken durchqueren, glätten sich die Runzeln, die graue Haut strafft sich und wird rosig, und rechts am Beckenrand verlassen sie das Bad als mädchenhafte, liebenswerte Frauen. Ein Kavalier empfängt sie und geleitet sie in ein Zelt, wo sie gekleidet werden. In neuem Gewand und geschmückt reihen sie sich ein in den Reigen. Kavaliere unterhalten die Frauen. Eine Tafel lädt zum Mahl. Die Gesellschaft verbringt einen heiteren Tag mit Tanz, Schmausen und mit Liebe. Die Freude am Leben und an der Jugend findet Ausdruck in der heiteren Umwelt. Auf der Seite des Alters sieht man schroffes, steiniges Bergland, hier grüne Wiesen und fruchttragende Pflanzen in einem heiteren Lustgarten. Die Kraft, die den Frauen zu neuer Jugend verhilft, kommt aus dem Wasser. Welcher Art sie ist, deuten die Figuren auf dem Brunnenstock an: Amor, der Gott der Liebe, und Frau Venus, die Göttin der Liebe und der Schönheit, herrschen über den Brunnen. Von ihnen kommt die Kraft, zu verjüngen und zu verschönen. Es ist die Liebe, die das bewirkt. Aber nur Frauen, das fällt auf, baden in dem Becken. Nur sie unterziehen sich der zauberhaften Verwandlung. Des Rätsels Lösung gibt uns ein Zeitgenosse, Rabelais. Er berichtet, wie Pantagruel im »Reich der Quintessenz« unter zahllosen anderen Unmöglichkeiten er fuhr, wie dort die alten Weiber ein- und umgeschmolzen würden, so daß sie wieder jung wie mit fünf zehn oder sechzehn Jahren seien. Befragt, ob denn auch die alten Männer eingeschmolzen würden, antwortet er: nein. Diese verjüngten sich im Umgang mit jungen Frauen. Der Jungbrunnen Cranachs ist also ein Liebesbrunnen. Cranach hat das alte Thema ironisierend umgedeutet und neu ausgelegt, dem höfischen Geschmack seiner fürstlichen Auftraggeber entgegenkommend.| 200 Meisterwerke der europäischen MalereiGemäldegalerie Berlin, 2019 SIGNATUR / INSCHRIFT: Bez. unten, Mitte in Schwarz mit dem Schlangenzeichen mit Vogelflug und dem Datum 1546 |--Hier Übersetzung--::__ Human beings dream of immortality and eternal youth, of being able to leave behind their weary, frail bodies and to re-emerge fresh and rejuvenated. People used to think that the four elements would help them to attain eternal youth and they attributed to them magical, procreational and cleansing powers. After all, everyone has experienced how nature renews itself every spring, ripens during the summer, bears fruit in autumn and dies in winter only to emerge anew the following spring. The belief was that the powers that young, continually procreating life generates could also help aged people attain new youth. Fire and water in particular were thought to have such magical properties. For example, the legend of the phoenix, the mythical bird who turns to ash and then rises again fresh and rejuvenated, fired human desire for such a transformation. This desire is expressed in a whole range of myths, legends and fairy tales. Far out in the wilderness, far from places of human habitation, there is a spring or a lake, so the legend goes, where the water has the power to wash away old age. Anyone who bathes in it emerges from the water rejuvenated. In Cranach’s time, this was a widespread legend with which everyone was familiar. In the High Middle Ages, the legend of the fountain of youth was absorbed into literature. In the 15th century, the Nuremberg poet Hans Rosenplüt wrote a widely known poem on this subject. Two years after Cranach’s Fountain of Youth Hans Sachs also wrote a poem on the theme featuring motifs that recall Cranach’s depiction. Cranach’s painting is by no means the only visualisation of the theme, but it is the only large panel painting devoted to the subject that we know of. In graphic art, the depiction of a fountain of youth crops up quite often and also appears in wall paintings. The belief in the cleansing power of water is founded on the washing rituals that are practiced in many religions. Baptism, for example, is a ritual of washing away a person’s sins. Thomas Murner, the Alsatian humanist, described baptism as a fountain of youth for the soul in his Badenfahrt (Strasbourg 1514). This idea also appeared in visual form. A painting by Jean Bellegambes in Lille shows a baptism stone filled with the blood of Christ. A crucifix rises out of it like the column in a fountain. The virtues, Caritas and Spes, are helping the believers into a bath that will wash away their sins. Cranach’s Fountain of Youth, by contrast, is more secular. It lies far from the city whose towers are visible in the background. A rectangular basin with steps leading down to it is located between mountains and meadows. Women are bathing in it. They arrive along barren, stony paths from the infertile mountains whose bleakness symbolically alludes to the privations of old age. They are being wheeled along helplessly in carts or wagons or else carried on stretchers or on people’s backs. On the rim of the basin, young women are helping them to undress. A doctor throws a last hopeless glance at his patient before she steps into the bath. The scene reveals a whole range of different characters. Some women climb into the basin and then walk through the water determinedly, others sit hesitantly on the edge and have to be talked into bathing or even pulled into the water. They enter the bath as decrepit old hags. But as soon as the women begin to walk through the water it unfolds its magical powers: their wrinkles become smooth, their grey skin becomes firm and rosy and they leave the basin again on the right as charming, girl-like young women. A gentleman receives them and brings them to a tent where they are dressed. Clad in new garments and jewellery they join in the dancing. The gentlemen entertain the women. They are invited to feast at a banqueting table. The assembled company spends the day merrymaking with dancing, feasting and love-making. Their joie de vivre finds expression in their merry surroundings. On the side of old age, there are craggy, stony mountains, but here, on the side of youth, the scene is of green meadows and plants bearing fruit in a serene garden of pleasure. The power that endows the women with new youthfulness comes from the water, and the figures on the fountain column tell us what kind of power this is: for it is Cupid, the god of love, and Venus, the goddess of love and beauty, who rule over the fountain and from whom the power of rejuvenation and beautification exudes. It is love that brings this about. Strikingly, only women are bathing in the pool. Only they are subjecting themselves to the magical transformation. The solution to this puzzle is offered by a contemporary, Rabelais. He tells us how Pantagruel discovers in the “realm of the quintessential” numerous other impossible ways to rejuvenate women – by melting them down or refounding them – so that they once again resemble 15- or 16-yearolds. Asked whether old men are melted down too, he answers: no, because they are rejuvenated by spending time with young women. Cranach’s fountain of youth is thus a fountain of love. Cranach has reinterpreted the old theme ironically and retold it to comply with the taste of the princes at court, those who commissioned the painting, in other words.| 200 Masterpieces of European Painting – Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Lindenholz

Maße

Rahmenaußenmaß: 148,5 x 211,5 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 148.5 x 211.5 cm, Tafelmaß: 122,5 x 186,5 cm, Tafelmaß (Höhe x Breite): 122.5 x 186.5 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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