Wandanschlag in deutscher, niederländischer und französischer Sprache.
Herausgegeben vom Generalgouverneur des von Deutschland besetzten Belgiens, Freiherr von Bissing, am 10. Januar 1916 in Brüssel
"Verordnung betreffend Flachs und Heeden.
I.
Artikel 1.
Wer Vorräte an gearbeitetem Flachs oder Heeden in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, die am ersten eines jeden Monats vorhandenen Mengen, getrennt nach Flachs und Heeden, unter Bezeichnung der Eigentümer und des Lagerungsortes den Gemeindebehörden des Lagerungsortes (Bürgermeister) bis zum dritten eines Monats anzuzeigen.
Die Gemeinden haben durch die Bürgermeister die in ihrem Gemeindebezirk vorhandenen Vorräte an Flachs und Heeden, getrennt nach Flachs und Heeden, unter Bezeichnung der Eigentümer und des Lagerungsortes den Zivilkommissaren bis zum fünften eines jeden Monats anzuzeigen.
Die Anzeigepflicht umfasst nicht den Roh- oder Stengelflachs.
Artikel 2.
Wer seine Bestände an Flachs oder Heeden den Gemeindebehörden gegenüber nicht oder falsch anzeigt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu 20000 (Zwanzigtausend) Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. Daneben kann die Einziehung der Bestände angeordnet werden.
Die gleiche Strafe trifft die Bürgermeister, welche die in ihrem Gemeindebezirke vorhandenen Vorräte an Flachs und Heeden, die ihnen bekannt waren oder den Umständen nach bekannt sein mussten, den Zivilkommissaren nicht oder falsch anzeigen.
Zuständig sind die deutschen Militärgerichte.
II.
Artikel 3.
Im Gebiet des Generalgouvernements werden für gearbeiteten Flachs und Heeden folgende Höchstpreise festgesetzt:
1. Flächse.
180 Franken für 100 kg. für geschwungenen, rasengerösteten Flachs, gleichgültig welcher Herkunft, bei bester Qualität mit vollkommen reiner Bearbeitung; 110 bis 170 Franken für 100 kg. für geringere Qualitäten oder bei schlechter Bearbeitung.
2. Heeden (Emouchures).
a) 60 bis 80 Franken je nach Qualität für geschwingelte (retravaillées)
b) 85 bis 100 Franken je nach Qualität für ord. sup. richtige Naturen
c) 105 bis 120 Franken je nach Qualität für ord. sup. Snutjes.
Der Verkauf von Flachs oder Heede ist nur zulässig an:
die Flachsbüros Kortryk und Lokeren,
- Rohstoffabteilung in Gent, Gouvernementsstraat 18, oder
- zum Ankauf berechtigte belgische Flachsspinnereien.
Artikel 4.
Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 20000 (Zwanzigtausend) Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:
1) wer die festgesetzten Höchstpreise überschreitet,
2) wer einen anderen zum Abschlusse eines Vertrages auffordert, durch den die Höchstpreise überschritten werden, oder sich zu einem solchen Vertrage anbietet,
3) wer Flachs oder Heede an andere als die in Artikel 3 bezeichneten Stellen verkauft oder veräussert,
4) wer Vorräte von Flachs oder Heede vernichtet oder unbrauchbar macht.
Ausserdem kann die Einziehung des Flachses und der Heede angeordnet werden.
Zuständig sind die deutschen Militärgerichte."
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