Das von einem ovalen Medaillon gerahmte Brustbild zeigt entgegen der rückseitigen Aufschrift nicht Kaiser Leopold II., sondern seinen Vorgänger Joseph II. (1741–1790). Der Sohn von Kaiser Franz I. und Maria Theresia wurde am 27. März 1764 in Frankfurt a. M. zum König gewählt und am 3. April gekrönt. Der junge Goethe erlebte die Feierlichkeiten aus nächster Nähe und beschrieb sie, unter Zuhilfenahme zahlreicher Quellen, ausführlich in »Dichtung und Wahrheit« (I, 5). Joseph II. war ab 1765 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und nach dem Tod seiner Mutter 1780 alleiniger Regent. Er bewirkte umfassende Reformen des Staatswesens und der Verwaltung im Geist der Aufklärung, die als »Josephinismus« in die Geschichte eingingen. Goethes Erhebung in den erblichen Adelsstand wurde durch ein von Joseph II. am 10. April 1782 ausgestelltes Diplom vollzogen. Auf ihn beziehen sich auch die Xenien 286 und 351 (WA I, 5.1, S. 246 und S. 256). Johann Caspar Goethe vermerkte in seinem »Haushaltbuch« am 10. April 1764 Ausgaben für »Effigies Wilkens et Josephi II«, also »Bilder von Wilkens und Joseph II« (Liber Domesticus, Bd. 2, S. 212, Übersetzung S. 368). Der niedrige Preis von 40 Kreuzern für zwei Bilder deutet jedoch an, dass es sich um Druckgraphiken handelte, wie diese bei jeder Krönung in Frankfurt feilgeboten wurden. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 365)
Erworben 1900 als Geschenk von August Friedrich Pfeil Frankfurt a. M.
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