Ein bizarrer Muschelrahmen umschließt einen reich besetzten Schenktisch, vor dem auf einem phantastischen Stuhl ein dickbäuchiger, liederlich angezogener Mann mit Hahnenfedern am Hut sitzt. Er lehnt sich gerade satt zurück, in der Rechten noch das eben benutzte Messer, in der Linken den schon geöffneten Krug, als er das Stundenglas gewahr wird, das ihm die rechts unten aus dem Rahmen wachsende Gestalt mit Sense entgegenhält, und starrt es fassungslos an.
Die Situation benutzt die Katze, um auf dem Tisch von den Speisen zu naschen. Dabei gerät ein Teller ins Wanken und ein herabgleitender Topf läuft aus. Gleich wird er den Scherbenhaufen zu Füßen des Prassers vermehren, dem außer ihm nur leere Beutel geblieben sind.
Von links beugt sich der Apostel Paulus ins Bild. Auch er schaut auf das von Chronos präsentierte Stundenglas, als wollte er den Betrachter ermahnen, sein Leben zu überdenken: »Lasset uns ehrbar wandeln als am Tage, nicht in Schmausereien und Trinkgelagen, nicht in Buhlereien und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht, sondern ziehet den Herrn Jesus Christus an und pfleget das Fleisch nicht so, daß Begierden erwachen!« (Römer 13, 13-14). Vermutlich entstand die Zeichnung als Vorlage für einen Kupferstich.
Text: Renate Kroll in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 147f., Kat. III.80 (mit weiterer Literatur)
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