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Kupferstichkabinett [SZ Klinger 5]
http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=1848125&resolution=superImageResolution#4231950 (Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Rückkehr von der Bergpredigt

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Beschreibung

Mit den acht Zeichnungen zur Folge »Rathschläge zu einer Konkurrenz über das Thema Christus« gelang dem 20jährigen sogleich ein meisterliches Werk. Klinger zeichnete 1871 bis 1878 folgende Themen: 1. Abschied von Bethlehem, 2. Gang zur Bergpredigt, 3. Rückkehr von der Bergpredigt, 4. Der Zinsgroschen, 5. Christus erweckt des Jairus Töchterlein, 6. Ecce homo, 7. Kreuzerhöhung Christi, 8. Christi Höllenfahrt (alle Kupferstichkabinett Berlin, 1922 sind die Blätter 2, 6 und 7 durch Diebstahl abhanden gekommen). Stilistisch uneinheitlich wechseln geläufigere Auffassungen mit ganz neuartigen Erfindungen, zu denen vor allem die beiden Blätter zur Bergpredigt gehören. Sie schildern nicht die Predigt selbst, sondern den Gang dorthin und die Rückkehr von dort, Begebenheiten, die wie der Abschied von Bethlehem im Neuen Testament nur beiläufig erwähnt werden. In der scheinbaren Uneinheitlichkeit ist auch hier schon ein Stilprinzip vorgeprägt, nach dem Klinger seine graphischen Zyklen später wie eine musikalische Komposition aufbaut mit Vorspiel, Variationen, Höhepunkt und Coda. Da der Gang zur Bergpredigt zu den vermißten Blättern gehört, ist die Kostbarkeit unserer Zeichnung um so größer, da sie im besonderen die unkonventionelle Darstellung demonstriert. Klinger erregte sowohl mit dieser Folge als auch dem kleinen Gemälde »Überfall an der Mauer« (Nationalgalerie Berlin) Aufsehen und Protest, als er damit 1878 auf der 52. Ausstellung der Kgl. Akademie der Künste in Berlin zum ersten Mal an die Öffentlichkeit trat. Die Vorstellung biblischer Thematik war ganz von den nazarenischen Bildfindungen geprägt. Man hatte weder 1852 Menzels unidealisierte, realistische Lithographie »Jesus unter den Schriftgelehrten im Tempel« (Bock 1923, Nr. 406), noch Liebermanns Gemälde desselben Motivs (1879, Hamburger Kunsthalle) und vergleichbarer Auffassung, sechzehn Jahre später akzeptieren können. Für die
kühne Komposition des Klingerschen Blattes vom Weggehen nach der Predigt wurde kein Vergleich gefunden. Die spannungsgeladene Stille spiegelt sich auf der leeren Fläche, die den Berg andeutet, als Stimmungsträger zwischen dem hockenden oder stehengebliebenen, anonymen Volk auf der Höhe, den in der Bildmitte im Gänsemarsch davongehenden Jüngern, dem neben ihnen stehenden römischen Soldaten und den drei durch den unteren Bildrand angeschnittenen, nachdenklich gehenden Schriftgelehrten. Kurze harte Schatten neben allen Figuren deuten den Mittag an.
Wie aus einem Brief vom Oktober 1878 an die Mutter hervorgeht, hatte Klinger die Zeichnungen eigentlich für seinen Freund der Karlsruher Studienzeit, Christian Krogh aus Kristiania, als »Rathschläge« gedacht, der mit der Ausgestaltung einer Dorfkirche in Kragerö in Norwegen nur schwer vorankam.
Er bat die Mutter auch, nach seinen Angaben ein langes Hemd und eine Tunica für seine Modelle zu nähen, um danach Gewandstudien zu zeichnen, (vgl. Klingers Briefe an seine Mutter, Museum der bildenden Künste, Leipzig, Archiv). Mit dem vollendeten Werk schien erstmals die Genialität des künftigen Meisters auf. In der Vereinfachung der Formen, der Spannung zwischen Leere der Fläche und Linie klingt in unserem Blatt vielleicht eine Vorahnung des Jugendstils an. 1891 hat Klinger in seiner Schrift über »Malerei und Zeichnung« dargelegt, wie sehr er die Bedeutsamkeit der leeren Hintergründe an Goyas Graphik begriffen hat. Ein Jahr nach Klingers Tod sah Max Lehrs in der Folge »...entschieden die Emanation eines Genies, eine Tat von so unerhörtem Ernst, von solcher Tiefe stofflichen Erfassens in einer Zeit, die nur süßliche oder theatralische Bibelillustrationen kannte, daß man schon weit zurückgreifen muß, um Gleichwertiges im Bereich der deutschen Kunst zu finden.« (Zit. nach Karl Heinz Mehnert, dem die Ausführungen im Sachlichen folgen, Kat. Klinger 1992, S.337f.)

Text: Marie Ursula Riemann-Reyher in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Samm

Material/Technik

Feder, Tusche, laviert, Papier

Maße

Blattmaß: 38,5 x 26,3 cm

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Kupferstichkabinett

Objekt aus: Kupferstichkabinett

Das Kupferstichkabinett ist das Museum der Graphischen Künste bei den Staatlichen Museen zu Berlin. Es bildet dort das Sammlungs-, Kompetenz- und...

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