Der junge Schnorr war 1811 als Schüler Heinrich Fügers an die Wiener Akademie gekommen. Jenseits der konservativen akademischen Ausbildung unter dem Primat des Klassizismus, geriet er dort in den Kreis junger romantischer Künstler, zu dem auch die Brüder Ferdinand und Friedrich Olivier gehörten und in deren Familienkreis in einem Palais am Carolyschen Garten in der Vorstadt Wieden Schnorr aufgenommen wurde. Vor allem Ferdinand wirkte auf die künstlerischen und religiösen Anschauungen Schnorrs ein. Eine bleibende Freundschaft hatte sich entwikkelt. Als Schnorr Ende 1817 nach Italien abreiste, entstand zwei Tage zuvor dieses Porträt, wohl eindeutig ein Souvenir der Freundschaft. Manche Porträts der Wiener Freunde begleiteten ihn nach Italien. Ebenso wie in den feinlinigen Landschaftszeichnungen der Wiener Jahre zeigt sich auch in der empfindsamen Porträtkunst, die später im »Römischen Porträtbuch«
gipfeln sollte, Schnorrs frühe Meisterschaft. Sie macht ihn in dieser seiner Frühzeit zum bedeutendsten Zeichner des nazarenischen Zweiges der deutschen Romantik.
Text: Gottfried Riemann in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 371f., Kat. VII.18 (mit weiterer Literatur)
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