Besonders in der frühen Dresdner Zeit sind Badende eines der Hauptthemen der »Brücke«-Künstler. Vorwiegend sind es nackte Frauen und Männer in freier Natur. Badende im Innenraum sind dagegen ein selteneres Sujet. Kirchner schuf bereits 1911 eine Radierung, die eine im Tub sitzende Frau zeigt (Dube 134). In der Zeichnung von 1913 hat er das Thema in veränderter Form erneut aufgegriffen. Mit schnellen, kraftvollen Strichen baut er die sich vorbeugende Frauengestalt. Die Rundungen des gebeugten Körpers wiederholen sich in dem Oval der Badewanne, verleihen ihm Standfestigkeit und schließen die Komposition nach unten ab. Kirchner ist an den vereinfachten, geometrisierten Formen und ihrer Anordnung auf dem Blatt interessiert und weniger an dem zufälligen naturnahen Einblick, wie ihn Edgar Degas gestaltete, der sich mit dem Thema Frau im Tub besonders intensiv auseinandersetzte (»Frau im Tub« von 1884-86, Pastell, Täte Gallery, London oder »Badende Frau im Tub« von 1886, Pastell, Musee d´Orsay, Paris).
Die runde Form als Postament für seine Figuren hat Kirchner mehrfach eingesetzt. Die Verkehrsinsel in seinem Gemälde »Potsdamer Platz« von 1914 und in dem zeitgleichen und gleichnamigen Holzschnitt (Ident. Nr. 23-1933) erinnert an den Waschzuber, der wie eine »Arena« den agierenden Figuren als Basis dient.
Text: Eugen Blume in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 442, Kat. VIII.6 (mit weiterer Literatur)
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