Das Rauchfass zählt zu einer Gruppe von 13 bekannten Werken gleichen Typs (Westermann-Angerhausen 2014, Typ II k), die nach einem im Lütticher Musée Curtius befindlichen Exemplar als „Lütticher Folge“ bezeichnet wird. Ihre Entstehung im Maasgebiet darf auf Grund von stilistischen Eigenheiten, insbesondere in der Gestaltung des fleischigen Palmettenornaments, als gesichert gelten. Allerdings stammen die meisten erhaltenen Rauchfässer dieses Typs aus Kirchen in Skandinavien, ein Beleg für den weiträumigen Export derartiger Bronzegusswerke im hohen Mittelalter. Auch das Exemplar im Berliner Kunstgewerbemuseum war weitab seines Herstellungsortes beheimatet, es stammt aus der Kirche von Cröchern in Sachsen-Anhalt (Landkreis Börde), wohin es bereits im 12. Jahrhundert gelangt sein könnte.
Der Brauch, bei der katholischen Messe und bei anderen liturgischen Handlungen den Altar, das Altargerät, die Opfergaben sowie den Priester und die Gemeinde mit Weihrauch einzuräuchern, zu inzensieren (lat. incendo, anzünden), steht in der langen Tradition jüdischer und antiker Rauchopfer. Nach anfänglicher Ablehnung als heidnisch fand die Inzensation im 5. Jahrhundert Eingang in den christlichen Kultus. Im 9. Jahrhundert war sie allgemein üblich, wie eine Bestimmung der Generalsynode von Rouen im Jahr 878 erkennen lässt, der zufolge jeder Priester über ein Rauchfass und Räucherwerk verfügen sollte.
Für die Funktion von Rauchfässern sind drei oder vier an der Feuerschale befestigte Ketten zum Tragen und Schwingen sowie eine mit der Oberschale verbundene Zugkette zum Anheben des Deckels erforderlich; am Exemplar aus Cröchern sind die Ketten leider nicht mehr erhalten. LL
Entstehungsort stilistisch: Maasland
Historischer Standort: Cröchern (Sachsen-Anhalt), Dorfkirche
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