Hochrechteckige Tonkacheln mit Reliefdekor sind häufig im Süden der Iberischen Halbinsel gefunden worden. Die beiden Stücke der Berliner Sammlung [MBK Inv. 6112 und 6641] folgen einem speziellen Typus mit Arkadenstellung und Inschrift. Das Bildfeld wird hier oben und unten von einer dünnen Linie eingefasst. Die seitliche Begrenzung bildet die Inschrift. Der eigentliche Dekor besteht aus zwei Säulen mit Basis und Blattkapitell, die einen Bogen stützen. Dessen innere Fläche füllt ein Muschelmuster. Außen verlängern dreiblättrige Palmetten optisch die Säulenstellung. Unterhalb des Muschelmotivs dominiert ein Christogramm aus den griechischen Buchstaben Chi und Rho. Zu dessen Seiten deuten die ebenfalls griechischen Buchstaben Alpha und Omega auf Christus als Anfang und Ende hin. Die beigefügte Inschrift lautet: BRACARI VI│VAS CVM TVIS. Vermutlich ist damit Bracario gemeint, der um 657 bis 680 Bischof von Sevilla war.
Die frühere Auffassung, es könne sich bei den Tonkacheln um Grabverschlüsse handeln, ist mittlerweile - nicht zuletzt der zahlreich erhaltenen Kacheln mit gleichlautender Inschrift wegen - verworfen worden. (Beispielsweise British Museum, Inv. 1889,0705.1 oder Museo Nacional de Cerámica y Artes Suntuarias González Marti, Inv. CE1/03194) Wahrscheinlich zierten sie als reines Dekorationselement Decken oder Wände in Gebäuden, die möglicherweise mit besagtem Bischof in Verbindung standen.
(Ehler 2017)
Erwerbungsort: Sevilla
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