Das Bild Vorfrühling im Wiener Wald schuf Waldmüller ein Jahr vor seinem Tod als dritte Fassung einer Komposition von 1862 (vgl. R. Feuchtmüller, Ferdinand Georg Waldmüller, Wien 1996, Nr. 1047, 1062 und 1084), der wiederum drei Varianten vorangegangen waren (vgl. ebd., Nr. 960, 1035 und 1036). In diesen insgesamt sechs Fassungen gewinnt die Landschaft gegenüber der Figurenszene zunehmend an Bedeutung und wird schließlich in dieser letzten Ausführung beherrschend. Mit der für Waldmüller charakteristischen Genauigkeit, mit starken Hell-Dunkel-Kontrasten und kräftigen klaren Farben gibt der Künstler in »Vorfrühling im Wiener Wald« eine naturgetreue Waldkulisse. Durch die noch unbelaubten Bäume dringt intensives Licht, ihre aufbrechenden Knospen künden vom nahenden Frühling. Das Sonnenlicht trennt die beiden veilchenpflückenden Kinder vorn vom schattigen Abhang, aus dem ein gewaltiger Buchenstamm herauswächst. Dahinter, auf dem hellbeleuchteten Uferweg entlang eines Baches sind Mädchen, Blumensträuße haltend, im Gespräch mit einem Knaben, der Holz trägt. Muntere, lebhaft beschäftigte Kindergruppen gehören zu den bevorzugten Motiven Waldmüllers. Ihre oft heftige, überraschende Bewegtheit bewirkt räumliche Spannungen. | Birgit Verwiebe
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