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Nationalgalerie Alte Nationalgalerie [NG 1/02]
https://id.smb.museum/digital-asset/4991153 (Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger (CC BY-NC-SA)
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Selbstbildnis mit gelbem Hut

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Beschreibung

»Der vornehme Mensch ehrt in sich den Mächtigen, auch den, welcher Macht über sich selbst hat, der zu reden und zu schweigen versteht, der mit Lust Strenge und Härte gegen sich übt und Ehrerbietung vor allem Strengen und Harten hat« (F. Nietzsche, Werke, Bd. 7, Leipzig 1923, S. 240). In diesem und ähnlichen Sätzen seines Altersgenossen Friedrich Nietzsche hätte Marées sich wiedererkannt. Die auffallend vielen Selbstdarstellungen Marées’ zeigen ihn zugleich nüchtern – unberührt vom Prachtbedürfnis der Gründerzeit – und feierlich. Sie demonstrieren die Selbstbeherrschung und Verschlossenheit eines Helden und Märtyrers des Geistes, der alles seiner künstlerischen Mission unterordnet. Dies prägte sein konfliktträchtiges Verhältnis zu dem Mäzen Conrad Fiedler ebenso wie seine Neigung, ergebene Schüler um sich zu haben. Als der Siebenunddreißigjährige sich in einer abendlichen toskanischen Landschaft und sehr absichtsvoll vor einem Lorbeerbaum malte, konnte er auf das rasch vollbrachte Großwerk der Neapler Fresken verweisen. Noch lebte er mit dem Freund Adolf Hildebrand in einem säkularisierten Kloster bei Florenz, und hier entstanden innerhalb weniger Monate vier (vielleicht auch fünf) Selbstdarstellungen, alle als Hüftstücke, alle im Freien. Letzteres ist in der deutschen Malerei ungewöhnlich, erklärt sich aber, sobald man an italienische Renaissanceporträts denkt. Nur auf einem einzigen Selbstporträt, seinem letzten (1882/83; Neue Pinakothek, München), wird man einen Pinsel in seiner Hand sehen, alle anderen, so auch das mit dem gelben Hut, zeigen ihn ohne die Attribute des Künstlerhandwerks. Der Ruhm, auf den der Lorbeer verweist, muß ein höherer sein, ein Rang, der vor aller Leistung bereits gegeben ist. Marées sitzt kerzengerade, unbewegt, hochgespannt, dem Betrachter gegenüber. Ein autoritärer Zug ist unverkennbar. Als er sich für diese Frontalität entschied, mag ihm auch Albrecht Dürers christusgleiches Selbstbildnis von 1500 vorgeschwebt haben, dem er jahrelang in München hatte begegnen können (Alte Pinakothek, München). Der Stock, mit beiden Händen wie eine Reitpeitsche nervös ergriffen, fordert Distanz, ebenso der endlose Weg von diesen Händen über den überlängten Rumpf zum Kopf. Aus dem fast drohenden Schweigen der Gestalt aber bricht der unruhevolle, bohrend auf den Betrachter gerichtete Blick aus, der Blick eines Großinquisitors, ein Van-Gogh-Blick aus tiefen Augenhöhlen, unter angestrengten Brauen. Hier hat die Selbsterforschung ihre Mitte. Die Landschaft hingegen löst die Spannung in der Mannigfaltigkeit der Motive auf, vor allem aber im melancholischen Frieden des Abendlichts, das hinter dem Hügel und zwischen den Zweigen nachglüht, in der Suggestivität ineinander schwimmender transparenter, einander beeinflussender Farbtöne, die ohne Trübung ins Dunkel geführt werden. Diese träumerische Landschaft bildet den Gegenpol zur nietzscheanischen Strenge. | Claude Keisch

Material/Technik

Öl auf Leinwand

Maße

Höhe x Breite: 97 x 80 cm; Rahmenmaß: 130 x 113 x 8 cm

Links/Dokumente

Nationalgalerie

Objekt aus: Nationalgalerie

Die Nationalgalerie umfängt einen Kosmos der Kunst vom 19. Jahrhundert bis in die unmittelbare Gegenwart. Wer sich in ihre Ausstellungen begibt,...

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