1904 hatte Corinth seine Schülerin Charlotte Berend (1880–1967) geheiratet. Das Bild zeigt sie mit ihrem Sohn Thomas (geboren 1904) in einer intimen familiären Szene, gemalt in St. Ulrich im Grödner Tal. Die Mutter, im morgendlichen Negligé am Fenster sitzend, blickt in zärtlicher Zuwendung dem nackt zwischen ihren Knien stehenden Sohn in die Augen – ein weltlicher, sinnlich vitaler Gegenentwurf zur religiösen Darstellung der Madonna mit Kind. »Von den Bildern, die mich gemeinsam mit Thomas zeigen, ist mir ein 1911 in Tirol entstandenes besonders lieb. Während ich, angetan mit einem blauen Kleid, auf einer Fensterbank sitze, schmiegt sich der siebenjährige Junge mit seinem nackten Körperchen an mich. Wie hat Corinths Herz gepocht, als er den innigen Ausdruck, mit dem Thomas mich anblickt, festhielt! Unter dem Titel ›Mutterliebe‹ trat das Bild dann seine Wanderschaft an« (Ch. Berend-Corinth, Die Gemälde von Lovis Corinth, München 1958, S. 93). | Angelika Wesenberg
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