Wachen Blickes schaut der ruhig lagernde Löwe in die Ferne, ein Wächter-, doch kein Wappentier, an dem die hieratische Gesamtanlage und die summarische Formenstrenge an die um 1900 als archäologische Bezugsgröße von Künstlern hochgeschätzte ägyptische Kunst erinnern. Er ist aus einem ungewöhnlich großen, homogenen Kalksteinblock herausgearbeitet. Die Härte des Gesteins korrespondiert mit der großflächig-großformigen Behandlung der Oberfläche. Gaul hat die Steinbearbeitung, "eine mehr als jahrelange Steinmetzarbeit" (Kunst und Künstler 2, 1903/04, S. 94), im wesentlichen eigenhändig nach einem nicht in allen Details ausgeführten Modell vorgenommen. Der "Liegende Löwe" entstand als Auftragsarbeit des führenden Berliner Zeitungsverlegers Rudolf Mosse für die Eingangshalle des Palais Mosse am Leipziger Platz 15. Das Werk gelangte 1951 als Geschenk des Magistrats von Groß-Berlin für eine Galerie des 20. Jahrhunderts in die Nationalgalerie. Es stand später in der Kutschendurchfahrt der Nationalgalerie, wo der Löwe programmatisch die Besucher begrüßte und die Bildwerke auf der Freifläche (unter anderem auch Gauls bronzener "Löwe", Inv.-Nr. B I 211) mit jenen im Museumsinneren verband. | Bernhard Maaz
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