Nach 1900 bildete Dora Hitz einen neuen, eigenständigen Malstil aus. In der Art der Farbzerlegung und den deutlich sichtbar bleibenden Pinselstrichen nahm sie Anregungen des französischen Spätimpressionismus auf und steigerte sie zu einem bewußt monumentalen Ausdruck. »Alles lebt vom Lichte und verschwimmt ungewiss im Lichten«, charakterisierte Karl Scheffler das so entstandene Spätwerk der Künstlerin und ergänzte zum Bild »Kirschenernte«, daß hier »die Darstellung des Lichtes bis zum Getümmel gesteigert« wäre (in: Kunst und Künstler, 14. Jg., 1916, H. 8, S. 387). Auch Hans Rosenhagen lobte das Werk als koloristisch herausragend: »Wenige Maler haben ein so wundervolles Grün, ein so warmes Sonnenlicht, einen so farbenreichen Schatten in ihren Bildern wie die Berliner Malerin. Dabei sind sie scheinbar ganz einfach gemalt mit breitem Pinsel« (in: Velhagen & Klasings Monatshefte, 38. Jg., 1923/24, Bd. 1, S. 655). Der Dynamik der pastosen, spontanen Pinselstriche stehen allerdings in manchen Gesichtern lasierend aufgetragene Partien einer unteren Malschicht gegenüber. »Wenn gelegentlich auf einem ihrer Bilder etwas unsicher wirkt, so ist das dadurch zu erklären«, so Hans Rosenhagen, »daß sie aus irgendwelchen Gründen verhindert war, es vor der Natur zu vollenden. Sie läßt lieber eine Partie in einem Bilde unfertig stehen, ehe sie durch ein konventionelles Fertigmachen das, was ›Natur‹ im Bilde ist sich verdirbt« (in: Kunst und Künstler, 14. Jg., 1916, H. 8, S. 656).
Das in der Kunstgeschichte nicht selten allegorisch aufgeladene Motiv der Erntearbeit dient auch im vorliegenden Bild nicht allein der Naturwiedergabe; über die impressionistische Behandlung von spätsommerlichem Licht und Farbe schiebt sich die Darstellung der Lebensalter: zentral eine Mutter mit Kind; links von ihr eine ältere Frau, die sich zu einem im Gras sitzenden Kind herunterbeugt; rechts von ihr ein Mädchen und eine junge Frau, die von einem Arbeiter stürmisch umworben wird.
Dora Hitz zeigte das Bild mit Erfolg 1905 auf der zweiten Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Berlin. | Regina Freyberger
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