Die Ermunterung des Malers durch den Karlsruher Kunstlehrer Johann Wilhelm Schirmer gipfelte 1861 in dem Vergleich: »Meine Kompositionen sollen so schön sein wie die von L. Richter.« Etwas weiter in dem Brief heißt es dann: »Schirmer und der Professor haben mir geraten, Köpfe zu malen, was ich jetzt auch tue« (H. Thoma, Briefe an Frauen, Stuttgart 1936, S. 13). Der Vergleich mit Ludwig Richter trifft auf zweierlei Weise zu: Richter wie Thoma stehen in der Tradition der deutschen Romantik, in deren Umkreis einfache Motive ins Große gehoben wurden sowie den häuslichen Frauen mitunter fast sakrale Würde verliehen wurde (vgl. in der Nationalgalerie die strickende Idealfrau auf dem Porträt »Der Maler Franz Pforr« von Friedrich Overbeck, 1810/1865, Inv.-Nr. A II 381).
Thoma hat seine damals fünfzehnjährige Schwester (1848–1928) in jenen Sommerferien des Jahres 1863 mehrfach gemalt, aber auch noch später, oft in genrehaften Zusammenhängen (vgl. »Agathe Thoma, die Schwester des Künstlers«, 1868, Österreichische Galerie Belvedere, Wien; »Im Sonnenschein«, 1867, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe; »Hühnerfütterndes Mädchen«, 1870, Neue Pinakothek, München). Kennzeichnend für alle diese Porträts ist der betont schlichte Grundgestus. | Angelika Wesenberg
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