Am Fuße der Mikasa- und Kasuga-Berge in Nara befindet sich die Anlage des Kasuga-Schreines, der zu den sieben ranghöchsten Shintô-Heiligtümern Japans zählt. Der in der vertikalen Bildachse angelegte Pilgerweg verbindet den weitläufigen Schreinbezirk im oberen Bilddrittel mit dem dazugehörigen buddhistischen Tempel Kôfuku im Vordergrund. In den zu beiden Seiten liegenden Wäldern tummeln sich zahlreiche Hirsche, Wildschweine und Affen. Blaue und grüne Pigmente, die für den einheimischen Malstil, yamatoe, charakteristisch sind, dominieren die Farbgebung. Der dekorative Effekt des Bildes wird durch die reiche Anwendung von Goldfarbe, die vor allem die sakrale Bedeutung der heiligen Bezirke sowie des Pilgerweges unterstreichen, zusätzlich erhöht. Entsprechend der synkretistischen Glaubensvorstellung, wonach jede Gottheit eine früher dagewesene Manifestation oder eine niedergelassene Spur einer erst später nach Japan gekommenen buddhistischen Gottheit, suijaku, darstellt beziehungsweise jede buddhistische Gottheit die ursprüngliche Erscheinungsform der ihr zugeordneten shintoistischen Gottheit, honji butsu, ist, wurden seit dem 12. Jahrhundert verschiedene Typen von Kultbildern eingeführt, die die harmonische Koexistenz dieser beiden religiösen Richtungen veranschaulichen. In Riten zur Verehrung der Kasuga-Gottheiten, die ursprünglich als Schutzpatrone des mächtigen Fujiwara-Clans verehrt wurden, kommen hauptsächlich zwei Bildgattungen vor: das Hirsch-Mandala, "Kasuga shikamandara" und das Schrein-Mandala, "Kasuga miyamandara", Üblicherweise befinden sich bei Darstellungen des zweiten Typus die buddhistischen Erscheinungsformen der vier Kasuga-Gottheiten in der obersten Bildzone.
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