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Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [2002]
https://id.smb.museum/digital-asset/5227026 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Küchenstück mit dem Gleichnis vom Großen Gastmahl (Kitchen piece with the parable of the Great Supper)

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Beschreibung

In den Evangelien des Matthäus (22, 2-14) und des Lukas (14, 15-24) wird als Gleichnis für die Gerechtigkeit am Jüngsten Tag berichtet, wie ein reicher Pharisäer zu einem Gastmahl lädt, sich aber alle Gäste mit fadenscheinigen Entschuldigungen verweigern. Darauf schickt er seine Knechte auf die Straße und lässt Krüppel und Bettler in sein Haus bitten. Gott wird die zur Seligkeit Auserwählten nicht nach Reichtum und äußerem Ansehen bestimmen. Am Tage des Jüngsten Gerichtes wird er vielmehr die Armen und Kranken bevorzugen, da sie sich seiner Gnade wert erweisen. Wtewael verlagert in seiner Komposition das lebhafte, vielfigurige Geschehen in den Hintergrund, wo die von städtischen Plätzen herandrängen Armen zu erkennen sind. Links ist durch einen großen Rundbogen der Blick in eine Stadt freigegeben. Heftig bewegte und gestikulierende Menschen drängen von der Anhöhe draußen, über eine Straße heran und werden von einem Hausknecht an der Treppe mit einladenden Armbewegungen ins Haus gebeten. Rechts führt eine weitere rundbogige Öffnung in einen Saal des Hauses, in dem hinter den zahlreich an Tischen sitzenden Menschen hohe rundbogige Fenster den Blick ins Freie lenken. Gestützt auf einen Stab, von einem Mann und einem Hündchen begleitet, strebt ein Beinamputierter gerade dem gastlichen Saal zu und schafft so die Verbindung zwischen den beiden Hintergrundszenen. Obwohl der Maler mit diesem zweifachen Aufbrechen des Hintergrundes eine große Tiefenwirkung und einen lebhaften Licht- und Schattenwechsel erzeugt hat, wird die Aufmerksamkeit des Betrachters doch zunächst ganz vom Treiben vorn, von dem wie eine Bühne geöffneten Küchenraum in Anspruch genommen. Hier hantieren, das Festmahl vorbereitende Mägde und Knechte an den Tischen, zwischen Körben, Kesseln, Bottichen und Kannen. Die vertikale Betonung des Bildzentrums übernimmt eine schlanke junge Magd, die gerade Hühner auf einen Bratspieß reiht. In ihrer gespreizten, tänzelnden Pose scheint sie einer antiken Götterszene entstiegen zu sein. Auch der einen großen Fisch zerhackende Knecht, ein junges, sich liebkosendes Paar am Kamin mit offenem Feuer und ein kleiner, auf einen am Boden liegenden Kessel gestützter Knabe scheinen in ihren kraftvollen oder grazilen Haltungen dem vertrauten Figurenapparat mythologischer Szenen des Spätmanierismus entnommen zu sein. Und doch bewegen sie sich zwischen so gewöhnlichen Dingen wie Fischen, Wildbret, Kohlköpfen, Zwiebeln und Mohrrüben. Ein Hund und eine Katze erzählen, indem sie angriffslustig einen zwischen ihnen liegenden Fisch belauern, nebenbei eine kleine Tiergeschichte. Gerade aus der Zuordnung dieser alltäglichen Dinge zu den Gestalten ergeben sich volkstümliche allegorische Doppelbedeutungen, wie sie in der niederländischen Malerei verbreitet waren, dienten die Bilder doch auch der moralischen Belehrung des Betrachters. Dieser war gewohnt hinter der primären Darstellungsebene auch eine symbolische zu suchen. So galt der Fisch als christliches Symbol (hier zudem mit anderen Fischen kreuzweise am Boden übereinandergeschichtet) zugleich auch als erotisch-phallische Metapher. Zwiebeln, Möhren und Artischocken schrieb man aphrodisierende Kraft zu. Vögel und Hasen, gar das Aufspießen von Hühnern unterstreichen das erotische Moment. Die Frau verkörpert die Fleischeslust (voluptas carnis), mit der der Mann neben ihr vom christlichen Tugendpfad abgelenkt wird. Die alte Frau hinter dem Tisch mit Mörser und Stößel versinnbildlicht ebenfalls diesen Topos. In dem Paar rechts, das das Feuer der Liebe anfacht und einen Korb mit Eiern, Inbegriff der Sinnenlust, trägt, wird er am deutlichsten. Die an malerischen Details und allegorischem Gedankengut reiche Bilderfindung hat Wtewael in einer ebenfalls signierten Federzeichnung (Kunstsammlungen Weimar, Kupferstichkabinett) vorbereitet, die jedoch in einigen Partien – etwa der Straßensituation, dem Eingang zum Haus und der Anordnung der Gegenstände in der Küche – von dem Berliner Bild abweicht. Wtewael steht mit seiner Darstellung in der Tradition der flämischen Maler von Küchen- und bäuerlichen Marktszenen, wie Pieter Aertsen und Joachim Bueckelaer. Seine helle, sehr farbige Palette und sein feines Gespür für malerische Atmosphäre zeugen italienischen und französischen Farb- und Formeindrücken, die er auf Reisen empfangen hatte. Das Berliner Bild, von dem noch drei weitere Fassungen bekannt sind, lässt sich sehr wahrscheinlich bis in den Nachlass der Witwe von Jan Nicquet, Amsterdam 1612, zurückverfolgen. 1927 konnte es mit Mitteln des Kaiser Friedrich Museumsvereins für die Berliner Galerie aus dem Berliner Kunsthandel erworben werden.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 SIGNATUR / INSCHRIFT: Bez. am Mauerpfeiler rechts: W•TE•WÆL / FECIT•ANo•1605. :::::::::::::::::::: The gospels according to Saint Matthew (22:2–14) and Saint Luke (14:15–24) tell of a parable of the Last Judgment, in which a rich Pharisee invites guests to a feast but all decline with flimsy excuses. At this, he sends his servants out into the street to ask cripples and beggars to dine in his house. God will not decide who is called to be blessed according to their wealth and outward appearance. At the Last Judgement, he will favour the poor and the sick instead, as they show that they deserve his mercy. In his composition Wtewael moves this lively scene with its numerous figures to the background, where the poor can be seen hurrying in from the streets of the town. On the left, a large round-headed arch allows a view of the town. Gesticulating, urgently moving people are pressing forward down a street from higher ground, and are being asked inside by a servant on the steps whose arm gestures usher them into the house (fig. left). On the right, a further opening with a round arch leads into a room of the house where tall, round-arched windows behind numerous people sitting at tables provide a view outside. Supported on a stick, with a companion and a small dog, a one-legged man is heading towards the banqueting room, thus linking the two background scenes. Although the artist has created a great depth of field and a lively alternation of light and shade through this double break in the background, the viewer’s attention is entirely captured at first by the foreground activity, by a kitchen that is opened out like a stage. Here the maids and manservants preparing the feast are busy at the tables, between baskets, cauldrons, tubs and jugs. The vertical emphasis at the centre of the painting is given by a slender young maid who is skewering a row of chickens on a roasting spit. With her straddling, dance-like pose, she seems to have emerged from a scene of the ancient gods. The servant chopping up a large fish, the young couple caressing each other at the open fire, and a small boy leaning on a cauldron placed on the floor also seem, in their vigorous or graceful postures, to derive from the familiar repertoire of figures from the mythological scenes of late Mannerism. Yet they move among such everyday things as fish, game, cabbages, onions and carrots. At the side, a dog and a cat, lying in wait to pounce on a fish lying between them, tell a little tale of animals. The arrangement of these everyday items in relation to the figures generates folksy, allegorical double meanings of the kind that were common in painting from the Netherlands, as the pictures also served to give moral instruction to beholders who were used to looking behind the primary pictorial level to find a symbolic one. Thus, the fish was seen as a Christian symbol (in this case, furthermore, layered on the floor cross-wise with other fish) and simultaneously as an erotic, phallic metaphor. Aphrodisiac powers were ascribed to onions, carrots and artichokes. Birds and hares, even the skewering of chickens, underline the erotic component. The woman embodies physical desire (voluptas carnis), which diverts the man next to her from the path of Christian virtue. The old woman behind the table with a pestle and mortar also symbolises this topos. The clearest representation of the theme is the couple on the right, kindling the fire of love and carrying a basket of eggs, the epitome of sensual desire. This visual invention, rich in painterly details and allegorical ideas, was prepared by Wtewael in a pen drawing (Kunstsammlungen Weimar, Kupferstichkabinett), also signed, which diverges in parts from the painting in Berlin, for example in the street scene, the entrance to the house and the arrangement of items in the kitchen. With this depiction, Wtewael has a place in the tradition of Flemish painters of kitchen and rustic market scenes such as Pieter Aertsen and Joachim Bueckelaer. His pale, brightly coloured palette and his fine sensitivity for picturesque atmosphere bear witness to Italian and French impressions of colour and form that he received on his travels. The Berlin painting, of which three further versions are known, can in all probability be traced back to the bequest of the widow of Jan Nicquet, in Amsterdam in 1612. In 1927, it was acquired for the Berlin Gemäldegalerie from a Berlin art dealership with funds from the Kaiser Friedrich Museumsverein.| 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Leinwand

Maße

Bildmaß: 65 x 98 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 65 x 98 cm, Rahmenaußenmaß: 83,5 x 117,2 x 9 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 83.5 x 117.2 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

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