museum-digitaldeutschland
STRG + Y
de
Gemäldegalerie Malerei Tafelmalerei [608]
https://id.smb.museum/digital-asset/5140785 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
1 / 1 Vorheriges<- Nächstes->

Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten (Rest on the flight to Egypt)

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Originalversion (Datensatz) Entfernung berechnen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

In der weltoffenen Handelsstadt Antwerpen, wo Patenier seit 1515 als freier Meister arbeitete, war er 1520/21 mit Albrecht Dürer zusammengetroffen, der ihn in seinem Reisetagebuch als den »gut Landschaftmaler« bezeichnete und diesen Terminus damit erstmals verwendete. Patenier, der durch Hieronymus Bosch, Gerard David und Quinten Massys beeinflußt wurde, hat mit seinen Landschaften, in denen sich die kosmische Ordnung mit den vielfältig beobachteten Einzelheiten der Natur verbindet, den Weg für Pieter Bruegel d. Ä. gewiesen. In der Landschaft mit der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten hat Patenier die groß im Vordergrund dargestellte Madonna nicht selbst gemalt, sondern diese Arbeit einem Künstler aus dem Atelier Joos van Cleves anvertraut, der seinerseits auf das Vorbild der Madonna am Kamin (St. Petersburg, Eremitage) des Meisters von Flémalle zurückgriff. Wie im Vogelflug gleitet der Blick über die weite Landschaft. Gleich einem bunten Teppich breitet sich das Land vor unseren Augen aus. Es ist eine Natur, die als Teil des Kosmos der göttlichen Ordnung unterstellt ist. Ihr verdankt die Tiefe des Raumes und die Weite des Himmels ihre Einheit. Die von Gott geordnete Natur setzt sich aus einer Fülle genau beobachteter Einzelheiten zusammen, die sich zu einem Gesamtbild formieren, das immer neue Einblicke offenbart. So dringt der Blick in die Tiefe, erfaßt die bizarren, bis in die Wolken aufragenden Felsen und schweift ungehindert in die Ferne, wo sich schier endlos dehnende Wälder erstrecken und Schiffe auf die unbegrenzte Weite des Meeres hinaussegeln. Es sind wenige Lokalfarben, die in mannigfaltiger Abstufung von Grün und Braun bis hin zu einem lichten, kristallinen Blau den Eindruck von Tiefe und Weite vermitteln. Mit dieser meisterlichen Farbbehandlung und eingehenden Berichterstattung verbindet sich eine gewissenhafte Schilderung der Begebenheiten, die sich um die Berichte von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten ranken. Nicht der Bibel, sondern den apokryphen Schriften verdanken wir die zahlreichen wundersamen Begebenheiten, die sich auf der Flucht zugetragen haben. Es ist vor allem das apokryphe Evangelium des Pseudo-Matthäus gewesen, das auf Literatur und Kunst vom Mittelalter bis in die Renaissance stärkeren Einfluß auszuüben vermochte als die Bibel. Hier wird berichtet, wie die Heilige Familie in die Stadt Sotinen gereist war und wie beim Betreten des Tempels die heidnischen Götzenbilder zu Boden stürzten. Wir sehen den hoch in der Flanke des Bergmassivs gelegenen Tempel und das neben dem Weg zum Heiligtum errichtete Standbild, das von seiner Säule herabstürzt. Die im Vordergrund an den Wurzeln des Baumes entspringende Quelle weist auf ein weiteres Wunder hin, das sich der Legende zufolge ereignet hat. Die zutraulichen Vögel nahe der Gottesmutter und dem Kind zeigen, daß auch die Kreatur ihren Herrn erkennt. In Bethlehem, einem ärmlichen Dorf nahe dem rechts ins Meer mündenden Fluß, sehen wir die von Herodes ausgesandten Soldaten, die die unschuldigen Kinder töten. Voller Verzweiflung suchen die wehklagenden Mütter ihre Kinder zu schützen. Patenier hat die aufeinanderfolgenden Ereignisse zeitgleich im Bild festgehalten, um zu verdeutlichen, daß die Darstellung erst angesichts der Chronologie der Geschehnisse ihre besondere Bedeutung erhält. Zu diesen Geschehnissen gehört auch die in der niederländischen Kunst oft geschilderte Legende des Erntewunders. Als die Heilige Familie aus Furcht vor den Soldaten des Herodes Bethlehem verließ, kam sie an Bauern vorbei, die Korn aussäten. Joseph trug ihnen auf, den Verfolgern zu sagen, daß sie vorbeigezogen seien, als das Getreide gesät wurde. Durch ein Wunder reifte das Korn über Nacht und konnte schon am nächsten Morgen geschnitten werden. Auf diese Weise wurden die Soldaten durch die wahrheitsgemäße Auskunft der Bauern getäuscht und dadurch veranlaßt, ihre Verfolgung aufzugeben. Patenier hat die Legende im Nebeneinander des frisch bestellten und des erntereifen Feldes am Rande Bethlehems sowie die Befragung der Bauern durch Soldaten sinnfällig gestaltet. Nicht nur die in der Landschaft angesiedelten Szenen, sondern auch Blumen und Pflanzen dienen dem tieferen Verständnis der geschilderten Begebenheit. So weist die neben der Quelle im Vordergrund blühende Schwertlilie ebenso wie die dornige Distel symbolhaft auf die bevorstehende Passion Christi hin, die der Menschheit die Erlösung gebracht hat.| 200 Meisterwerke der europäischen MalereiGemäldegalerie Berlin, 2019 :::::::::::::::::__ In 1520/21, in the cosmopolitan mercantile hub of Antwerp where he had worked since 1515 as an independent master, Patinir met Albrecht Dürer, who referred to Patinir in his travel diary as a “good landscape painter”, thereby employing this term for the very first time. With his landscapes, where the cosmic order is joined with a multiplicity of observed natural details, Patinir – who was influenced by Hieronymus Bosch, Gerard David, and Quinten Massys – prepared the way for Pieter Bruegel the Elder. Patinir himself did not paint the Madonna who looms large in the foreground of the landscape with the Rest on the Flight into Egypt, instead entrusting this work to an artist from the studio of Joos van Cleve, who himself had recourse to the example set by the Virgin and Child by a Fireplace (Saint Petersburg, Hermitage) by the Master of Flémalle. The viewer’s gaze soars like a bird in flight over this spacious landscape. The terrain spreads itself out before our eyes like a colourful carpet. Here, nature is perceived as an element of a larger cosmic order. And this order is responsible for the unity of the depth of space and the breadth of the sky. The nature that is arrayed here by God consists of a multiplicity of precisely observed details that come together to form a larger image, one that continually discloses new aspects. Penetrating into the distance, the gaze apprehends fantastic cliffs which loom up all the way into the clouds, wandering unobstructed into the distance, where a seemingly endless forest stretches out, and ships sail out into the boundless expanse of the sea. Very few local colours are used to convey an impression of depth and breadth; instead, a multitude of green and brown gradations gradually yield to the bright, crystalline blue along the horizon. Combined with this masterful handling of colour and meticulous description of phenomena is a conscientious depiction of occurrences that are intertwined with reports about the Flight of the Holy Family into Egypt. It is not the Bible, but instead apocryphal texts to which we owe our knowledge of the numerous marvelous events that occurred during the Flight. In particular, it was the apocryphal Gospel of Pseudo Matthew that exercised a stronger influence than the Bible on literature and art during the Middle Ages, and continuing up until the Renaissance. Here, it is reported that when the Holy Family travelled to the town of Sotinen and entered the temple there, the idols of the heathen gods toppled to the ground. In this painting, we see a temple set high up in the slopes of a tall mountain, and alongside the path leading up to the sanctuary, a statue that topples from its column. The spring that flows near the roots of a tree in the foreground refers to another miracle reported by legend. The trusting bird seen near the Virgin and Child illustrates that even the creatures recognise their Lord. In Bethlehem, an impoverished village situated near the river that flows into the ocean on the right, we see the soldiers sent by Herod to massacre the innocents. Filled with despair, the lamenting mothers attempt to shelter their children. In his panorama, Patinir has depicted this series of events contemporaneously in order to clarify that the scene only acquires its special significance in light of its chronological sequencing. Among these events is the legend of the Miracle of the Harvest, which is frequently depicted in Netherlandish art. When the Holy Family flees Bethlehem in fear of Herod’s soldiers, they pass peasants sowing grain. Joseph instructs them to tell their pursuers that they passed by when the crop was sown. Through a miracle, the corn grew overnight, and was ready for harvesting the very next morning. In this way, the soldiers were deceived by the truthful information offered by the peasants, and were hence prompted to abandon their pursuit. Patinir has given vivid shape to the legend through the juxtaposition of the freshly tilled yet already ripened fields at the edge of Bethlehem and the questioning of the peasants by the soldiers. Not just the scenes scattered throughout the landscape, but the flowers and plants as well facilitate a deeper understanding of the depicted event. Both the yellow flag set next to the spring in the foreground as well as the thorny thistles are symbolic references to the imminent Passion of Christ, which will bring redemption to humanity.| 200 Masterpieces of European Painting – Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Eichenholz

Maße

Rahmenaußenmaß: 92,5 x 112,2 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 92.5 x 112.2 cm, Bildmaß: 65,3 x 81 cm, Bildmaß (Höhe x Breite): 65.3 x 81 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Das Material kann bei Namensnennung frei verwendet werden.