Die kleinformatige Kalksteinplatte zeigt den „Vorgesetzten der Landarbeiter des Amun“, Nefer-hotep, im Anbetungsgestus mit erhobenen Armen. Er rezitiert einen Sonnenhymnus, der in sieben senkrechten Zeilen vor seinem Bildnis eingemeißelt ist. Die gesamte Szene wird oben von einem Himmelszeichen überspannt und rechts und links von einem dunklen Farbband gerahmt, sodass der Schluss nahe liegt, die kleine Platte habe die „linke“ Seite einer kleinen Nische – z. B. innerhalb eines pyramidenartigen Oberbaus, oder ein Panel in einem Türdurchgang zum Grabinnenraum bzw. zur Grabkapelle – ausgefüllt. Der Text, der einen der geläufigsten Sonnenhymnen der Ramessidenzeit zitiert, lautet wie folgt:
„Re-Harachte anbeten, bei seinem Aufgang
am Horizont des Himmels, durch den
Vorgesetzten der Hörigen
des Amun, Nefer-hotep, er sagt: Gegrüßet
seist du, Re, bei deinem Aufgang, (und als)
Atum bei deinem schönen Untergang.
Du erscheinst und glänzt auf dem
Rücken deiner Mutter.
Du bist erschienen als König der Götter-
Neunheit. Maat begrüßt Dich mit dem
njnj-Gestus,
[und deine] Mannschaft küsst dich alle Zeit.
Du durchziehst
den Himmel, dein Herz ist weit. Der „Zwei-
Messer-See“ ist zur Ruhe gekommen.
Seitens des Vorgesetzten der Landarbeiter
des Amun, Nefer-hotep“
Die Gebetshaltung und die Anordnung des Textes illustrieren sehr anschaulich, dass man im vorliegenden Fall von links nach rechts – und in den senkrechten Zeilen von oben nach unten zu lesen hat. Die Hieroglyphen sind wie üblich nicht Zeichen für Zeichen untereinander oder nebeneinander gesetzt, sondern in sinnvolle imaginäre „Schriftquadrate“ bzw. „Rechtecke“ eingeschrieben, wobei sich die Zeichengrößen den jeweiligen Notwendigkeiten innerhalb der Gruppenschreibungen anpassen. Stilistisch lässt sich die Darstellung des Nefer-hotep am besten in die Zeit Amenophis’ III. einordnen. Hierzu passen vor allem die schlanke Gestalt, der Schnitt des Schurzes, die Frisur und der kurze Knebelbart, das schräggestellte, besonders groß ausgeführte Auge und die Stupsnase. Auch der originale, heute gelblich verfärbte Firnis wurde damals bereits häufig verwendet, um besonders wichtige Bildinhalte deutlich hervorzuheben. Über den antiken Firnis scheint aber im 20. Jh. im Rahmen von Restaurierungsmaßnahmen an einigen Stellen ein weiterer Schutzanstrich aufgetragen worden zu sein.
(F. Seyfried)
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