Die oben abgerundete, in versenktem Relief dekorierte Kalksteinstele ist im Aufbau zweigeteilt. Im oberen Bildfeld kniet rechts ein Mann namens Meri-Sachmet mit erhobenen Armen vor der Göttin Meretseger, die vor einem kleinen Opfertisch thront. Die schlangenköpfige Göttin trägt hier die Titel Herrin des Westens, Herrin des Himmels und Herrin aller Götter. Unter einem Arm des anbetenden Steleninahbers klemmt eine Schreiberpalette, die zusammen mit einer Beischrift auf seinen Beruf als Umrisszeichner hinweist. Im unteren Bildteil knien eine Frau und drei Männer im Anbetungsgestus, gefolgt von einem stehenden, nackten Kind mit einer Gans und einer Lotusdolde in den Händen. Ihre Beischriften benennen sie als die Gemahlin des Meri-Sachmet Neferu, seine drei Söhne Nefer-hotep, Pa-sched und Maa-ni-nechetu-ef und seine Tochter Iuy. Die Söhne des Meri-Sachmet trugen alle ebenfalls den Titel eines Umrisszeichners. Die engsten Familienangehörigen begleiten den Steleninhaber Meri-Sachmet also bei seiner Anbetung an Meretseger.
Die Göttin Meretseger, die Herrin der thebanischen Totenstadt und Schutzpatronin der Bewohner der Arbeitersiedlung Deir el-Medine, ist auf der Stele als Mischwesen mit einem Frauenkörper und einem Schlangenkopf dargestellt. Sie trägt ein Kuhgehörn mit einer Sonnenscheibe auf dem Kopf. Dieser Kopfschmuck gehört zur typischen Bekrönung der Göttin Hathor, die in Gestalt einer Kuh in Theben als Totengöttin verehrt wurde. In Angleichung an die Totengöttin Hathor übernimmt Meretseger in ihren Darstellungen auch häufig den hathor’schen Kopfschmuck. Um sich gegen das Unheil in allen Lebenssituationen zu schützen, wandten sich die Bewohner von Deir el-Medine bevorzugt an Meretseger. Leider ist die genaue Fundlage des Stücks unklar. Daher kann seine Funktion als eine im Heiligtum niedergelegte Votivstele oder eine im privaten Bereich aufgestellte Stele nicht bestimmt werden, wobei die meisten uns bekannten Stelen aus der Siedlung der Nekropolenarbeiter Votivgaben aus sakralem Kontexte sind.
Mithilfe der prosopographischen Untersuchung ist zu vermuten, dass Meri-Sachmet aus einer Familie in Deir el-Medine stammte, in der über Generationen der Beruf eines Umrisszeichners ausgeübt wurde. Wenn sich diese Vermutung als glaubwürdig erweist, lässt sich die Stele des Meri-Sachmet in die Regierungszeit Ramses‘ II. datieren.
(I. Liao)
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