Stromab vom 4. Katarakt, in räumlicher Nähe zum Gebel Barkal und der königlichen Residenz von Napata, hat der englische Archäologe Francis Llewellyn Griffith im Rahmen der „Oxford Excavations in Nubia“ zwischen1912 und 1913 einen Friedhof mit mehr als 1600 Gräbern freigelegt. Es handelt sich dabei um den Platzeiner Bestattungsgemeinschaft, der das Spektrum einer privilegierten Stadt der früh- bis mittelnapatanischen Periode, einem Zeitraum zwischen 725 und 425 v. Chr., umfasst. Unter den über 5500 Beigaben dominieren Objekte, die dem Körperschmuck und zugleich dem Schutz des Körpers zugerechnet werden können.
Dazu zählen auch Ketten, die modern aufgefädelt sind. Diese fanden sich in rechteckigen Ziegelgräbern, dem häufigsten Typ des Friedhofes, zusammen mit Individuen, die auf dem Rücken lagen. Diese Position ist für gut drei Viertel der Verstorbenen verzeichnet.
In Grab 11 lag direkt neben dem rechten Unterschenkel eine Ansammlung von Objekten, die möglicherweise auf eine Deponierung in einem Säckchen oder Kästchen ausorganischem Material hindeutet, wobei das Behältnis heute nicht mehr erhalten ist. Der Inhalt jedoch lässt eine Art Schmuck- oder Schatzkästchen vermuten, in dem Ringe, Ketten, Ohrringe und ein Salblöffel aufbewahrt wurden. Dazu gehören auch die Anhänger, die heute zu einer Kette aufgefädelt sind. Diese besteht ausvierzehn Skaraboiden in Gestalt von Igeln mit glatten Unterseiten, dem Figürchen einer Ente, einem Hathorkopf, einer unbekannten Göttin, einem Harpokrates, einer Hand, einem Pataeken, einem Papyrusstengels, einer stehenden Sachmet, einem Lotosblütenzepter bekrönt von einer Schlange, dem hockenden Gott Schu mit erhobenen Armen, einer Sau sowie einer Perle in länglicher Tonnenform. Alle Kettenglieder sind aus gelber, hellblauer sowie grünlicher und roter Fayence gefertigt. Bei der Fayence handelt es sich mit fast 1000 Belegen bei weitem um das beliebteste Material für Amulette und Perlen aus dem gesamten Friedhof, von denen die Götteramulette generell nahezu ausschließlich aus diesem Material hergestellt wurden. Am häufigsten sind Götter nachgewiesen, die dem Bereich der Fruchtbarkeit zugeschrieben werden können. Herausragend dabei sind Pataeken, eine von Ptah abgeleitete Gottheit in Zwergengestalt, die sich zu dieser Zeit in Ägypten und Nubien einer besonderen Beliebtheit erfreute. Ein anderes Beispiel sind Sau-Amulette, von denen insgesamt über vierzig in Sanam nachgewiesen sind. Diese verkörpern Nut als Sau mit ihren Ferkeln und stehen zugleich als Garanten für die Fruchtbarkeit. Hathorkopf-Amulette hingegen repräsentieren eher einen Schutzaspekt. Diese fanden sich verstärkt bei Jugendlichen. Unsicher bleibt ein daraus abzuleitender Hinweis auf das Alter des Verstorbenen, denn andere Amulette, wie die Sau, wurden sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen gefunden. Die insgesamt nur in drei Exemplaren belegten Enten-Amulette fanden sich ebenfalls bei Jugendlichen und Erwachsenen. Neben den Götteramuletten sind Tieramulette generell am häufigsten, ebenso wie solche mit Udjat-Augen, die auf dieser Kette fehlen, jedoch innerhalb des Grabinventars vorhanden sind.
(J. Helmbold-Doyé)
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