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GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung Grafiksammlung [Ca 9835]
Audienz der Anna Louisa Karsch bei Friedrich II. 1763 (Gleimhaus Halberstadt CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gleimhaus Halberstadt (CC BY-NC-SA)
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Audienz der Anna Louisa Karsch bei Friedrich II. 1763

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Beschreibung

Daniel Chodowiecki stellte die Audienz der aus Schlesien gebürtigen Dichterin Anna Louisa Karsch wie im übrigen auch jene Christian Fürchtegott Gellerts innerhalb seiner Folge "Anekdoten und Charakterzügen Friedrichs II." für den Gothaischen Hofkalender 1790 dar.
Der Bericht der Anna Louisa Karsch über ihre Audienz bei Friedrich II. im Jahr 1763 wurde berühmt. Die Dichterin hatte die Beschreibung am 15. August bereits an Gleim gesandt, der wiederum dieses Schreiben anderen gezeigt hat. In seinem Besitz hat sich nur noch eine Abschrift von seiner Hand erhalten. Geschickt platziert Karsch in ihrem Audienz-Text an zwei Stellen ihre Kriegsgesänge auf den Monarchen und verbindet ihre Geschichte als Autorin mit den Siegen Friedrichs II. im Siebenjährigen Krieg.

Nun aber trat er herein!
Ist Sie die Poetin?
Ja! Ihro Majestädt! Man nennt mich so!
Sie ist doch aus Schlesien?
Ja! Ihro Majestät!
Wer war ihr Vater?
Er war ein brauer auß Schweidnitz, beym weinreichen Grünberg!
Auß Schweidnitz? Gehört das nicht den Geistlichen?
Bey Lebzeiten meines Vaters war ein herr von Köselitz der Eigenthümer!
Aber, wo ist Sie gebohren?
Auf einer Meyerey, wie horatz eine gehabt hat.
Sie hatte, sagt man, niemals Unterweisung?
Niemals, Ihro Majestät! Meine Erziehung war die schlechteste!
Durch wen aber ward Sie eine Poetin?
Durch die Natur, und durch die Siege von Ew. Majestät!
Wer aber lehrte sie die Regeln?
Ich weiß von keinen Regeln!
Von keinen Regeln? Das ist nicht möglich! Sie muß doch das Metrum wissen!
Ja! Ihro Majestät! aber ich beobachte das Metrum nach dem Gehör, und weiß ihm keinen Nahmen zu geben!
Wie denn kommt Sie mit der Sprache zurecht, wenn sie sie nicht lernte?
Meine Muttersprache hab ich so ziemlich in meiner Gewalt!
Das glaub ich, was die Feinheit betrift, wie aber stehts mit der Gramatik?
Von der hab ich die Gnade Ew. Majestät zu versichern, daß ich nur kleine Fehler mache!
Man muß aber gar keine machen!
(Er lächelte.)
Was ließt Sie denn?
Plutarchs Lebensbeschreibungen!
Nicht auch Poeten?
Ja, Ihro Majestät, zuweilen auch Dichter, den Gellert, den haller, den Kleist, den Uz und alle unsre deutschen Dichter!
Aber ließt sie nicht auch die alten Dichter?
Ich kenne ja nicht die Sprache der Alten!
Man hat doch Übersetzungen!
Ein Paar Gesänge homers von Bodmer übersetzt, und den horatz von Lange laß ich
Also den horatz! Hat Sie auch einen Mann?
Ja! Ihro Majestät! aber er ist von Ihren Fahnen entlaufen, irrt in Polen umher, will wieder heyrathen, und bittet mich um die Scheidung, die ich ihm verwillige, denn er versorgt mich nicht!
Hat Sie Kinder von ihm?
Eine Tochter!
Wo ist die?
Zu Berlin! Hoffrath Stahl bezahlt für sie.
Ist sie schön?
Mittelmäßig, Ihro Majestät! Sie hat keine schöne Mutter gehabt!
Diese Mutter war doch wohl einmahl schön!
Ich bitte unterthänig um Vergebung! Sie war niemals schön! Die Natur vergaß den äußern Putz an ihr!
Wie wohnt Sie denn?
O, Ihro Majestät! Sehr schlecht! Ich kann kein Haus bekommen in Berlin, und, um Ew. Majestät eine Idee zu machen von meiner Wohnung, muß ich bitten, eine Cammer in der Bastilje zu Paris sich zu denken!
Aber, wo wohnt sie denn?
Im alten Consistorium, drey Treppen hoch, unterm Dach!
Wovon lebt Sie?
Von Geschenken meiner Freunde! hoffrath Stahl giebt mir sehr oft zu eßen!
Wenn Sie lieder in Drukk giebt, was giebt man ihr für den Bogen?
Nicht viel, Ihro Majestät! ich ließ acht Lieder auf Ihre Triumphe drukken -
Was gab man Ihr?
Nur zwanzig Thaler.
Zwanzig Thaler? In Wahrheit! Davon lebt man nicht lange! Ich will schon sehen, will sorgen für Sie!
Mit diesen Worten entließ mich der König! Ich taumelte den Saal hinaus!

Material/Technik

Radierung

Maße

9,9 x 5,5 cm

Literatur

  • Lacher, Reimar F. (2017): "Friedrich, unser Held" - Gleim und sein König. Göttingen, S. 122
GLEIMHAUS  Museum der deutschen Aufklärung

Objekt aus: GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung

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