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GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung Grafiksammlung [Ca 10004]
Le Baiser (der Kuß) in Ovalumrahmung (Gleimhaus Halberstadt CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gleimhaus Halberstadt / Gleimhaus Halberstadt (CC BY-NC-SA)
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Le Baiser (der Kuß) in Ovalumrahmung

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Beschreibung

Wurde im christlichen Abendland ein Kuss dargestellt, so war dies jahrhundertelang eher der Judaskuss, der Kuss Joachims und Annas an der Goldenen Pforte, ein Hand- oder sonstiger Ritualkuss als ein Liebeskuss. In der bildenden Kunst wie auch in der Lyrik des Rokoko ist letzterer ein Hauptmotiv, obgleich ein streitbares, wie in der Apologie des Kusses in der Halleschen Zeitschrift „Der Gesellige“ mitschwingt:
„Vor allen Dingen muß ich des Kusses Erwehnung thun. Ein brünstiger, feuriger und sanfter Kuß erweckt in dem ganzen Bezirke des Mundes eine Empfindung, die ungemein angenehm ist, und er ist daher der allergewöhnlichste und natürlichste Ausbruch der Zärtlichkeit. Dadurch beweisen verliebte Leute einander die Zärtlichkeit ihrer Liebe; und häufige anacreontische Küsse sind am mächtigsten, das Herz bis auf den Grund zu rühren. Selbst zärtliche Freunde können nicht unterlassen, einander häufig zu küssen; und wir setzen in unserer Gesellschaft einen großen Werth auf unsere freundschaftlichen Küsse. Wir machen uns auch kein Bedenken darauf, den schönern Theil unserer Gesellschaft zu küssen, und uns oft dazu ungezwungene Gelegenheiten zu verschaffen. Wir verlachen die stoische Strenge derjenigen Moralisten, welche solche Küsse verdammen, weil wir wissen, daß man küssen kann ohne unzüchtige Empfindungen. Ich rathe demnach allen Eheleuten, die sich zärtlich lieben wollen, den öftern Gebrauch dieses Hülfsmittels nicht zu versäumen. Es giebt genug Ehemänner, welche das Küssen für eine Tändeley halten, der man sich zu schämen Ursach habe“ (Georg Friedrich Meier in: Der Gesellige, 129. St., 3. Teil, 1749, S. 273-278, hier 274 f.)
Fragonard ist ein Hauptmeister der zweiten Generation der Fȇtes galantes und er ist der Hauptmeister des Kusses (vgl. AK Paris 2015, S. 164 ff.). Im Fall der im vorliegenden Kupferstich wiedergegebenen Komposition ist der Kuss nicht in eine Narration eingebettet, es ist kein heimlicher, kein geraubter Kuss, kein Wetteinsatz, sondern schlicht ein Kuss aus purer Wollust, bei dem die beiden Münder aufeinanderliegen. Ähnlich verabsolutiert findet der Kuss später berühmte Gestalt durch Auguste Rodin und Edvard Munch, bevor er als Filmkuss in Hollywood zum konventionellen Bildzeichen für dramatische Höhepunkte in Liebesbeziehungen wird.
Fragonard reizt hier nicht durch die Entblößung des Körpers. Von hoher Sinnlichkeit (im Verständnis von Wahrnehmung und Empfindung durch die Sinne) ist aber der feste Griff der Hand in den Busen, der zwischen den Fingern quillt und so in seiner Üppigkeit spürbar ist.

bez.:
Dédié à Monsieur le Comte de la Tour D'Auvergne, Maréchal du Camps et Armées du Roy.
Tiré du Cabinet de Mʳ. Jallier Architecte.
Unten zentral: à Paris chés l´Auleur, rue Mazarine la Seconde Porte Cochere à droile en entrant par la rue Dauphine.
Unten links: Fragonard pin.
Unten rechts: Marchand Sculp.

Material/Technik

Kupferstich

Maße

36 x 26,3 cm

Literatur

  • Lacher, Reimar F. (2019): Scherz - Die heitere Seite der Aufklärung. Göttingen, Kat.-Nr. 140
GLEIMHAUS  Museum der deutschen Aufklärung

Objekt aus: GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung

Das Gleimhaus ist eines der ältesten deutschen Literaturmuseen, eingerichtet im Jahr 1862 im ehemaligen Wohnhaus des Dichters und Sammlers Johann...

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