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Stadtmuseum Hagen [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum [2017/77]
Luntenschlossmuskete (Stadtmuseum Hagen RR-R)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Hagen / Heike Wippermann (RR-R)
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Luntenschlossmuskete

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Beschreibung

Im ausgehenden 15. Jahrhundert löste das Luntenschloss die mit einfachen Zündpfannen versehenen Hakenbüchsen und Arkebusen ab. Bei diesen Schusswaffen musste die Lunte noch von Hand an die mit Schwarzpulver gefüllte Zündpfanne gehalten werden. Beim Luntenschloss wurde ein glimmender Hanfstrick durch den Abzug auf die verschließbare Zündpfanne gedrückt. So war es möglich, gleichzeitig das Ziel über den Lauf hinweg anzuvisieren.
Seit dem ausgehenden 16. Jahrhunderts wurden Schusswaffen in eigenen Manufakturen gefertigt. Bekannte Herstellungsorte waren Suhl und Essen, dort waren 1645 rund 40 Büchsenmacher tätig. Doch auch in Nürnberg, Remscheid, Solingen und in anderen Städten wurden solche frühen Infanteriewaffen gefertigt.
Nach der in den unteren Lauf geschlagenen Marke „SC“ wurde die Luntenschlossmuskete im thüringischen Suhl gefertigt; weitere Meister- und Beschauzeichen fehlen. Das Schlossblech ist mit zwei gepunzten, jeweils von Linien eingefassten Punktfeldern verziert. Dies entspricht Vergleichsstücken aus Suhler Fertigung. Die Halterung für die Lunte zeigt einen stilisierten Tierkopf. Unter dem Lauf ist der mit einem Metalldopper versehene Ladestock angebracht. Auf der Unterseite des Schaftes findet sich am Schlossblech die Markierung „XXV.“. Es könnte sich um eine Bauserien-, Arsenal- oder militärische Einheitsnummer handeln.
Die Ausführung der Muskete, ihre Rohrlänge von 105 cm und das Kaliber 18 mm lassen eine Datierung um 1630 zu. Verschossen wurden 17 mm große Rollkugeln aus Eisen und Blei. Es handelt sich um eine zu dieser Zeit in Suhl neu entwickelte, im Vergleich zu den vorherigen Waffen deutlich leichtere Muskete. Im weiteren Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs führte die schwedisch-protestantische Seite die in Serie hergestellten Gewehre als Standardbewaffnung ein. Allerdings hatte die Zerstörung Suhls im Oktober 1634 durch kroatische Truppen schwere Auswirkungen. Die bis dahin florierende Waffenproduktion erholte sich erst nach mehreren Jahren wieder.
Im Dreißigjährigen Krieg verfügte ein Infanterie Regiment im Idealfall über rund 1.500 Schützen, die als Musketiere bezeichnet wurden. Die andere Hälfte der insgesamt etwa 3.000 Soldaten umfassenden Einheit sollte aus 300 Schützen und 1.200 Pikenieren bestehen. Allerdings waren die Truppen bereits in den ersten Kriegsjahren stark dezimiert, so dass tatsächlich nur noch ein Bruchteil der Sollstärke zum Einsatz kam.
Die Handhabung von frühen Infanteriewaffen gestaltete sich umständlich. Zum Abfeuern der Muskete waren bis zu 30 Ladegriffe nötig. Die Schussfolge betrug ein bis zwei Schuss in der Minute, die Schussweite lag bei höchstens 250 Meter, von Treffsicherheit konnte keine Rede sein. Von den sich beim Aufprall verformenden Bleikugeln wurden fürchterliche Wunden erzeugt. Die Lunte bestand aus einem Hanfstrick, der in Bleizucker getränkt war und über mehrere Stunden glimmen konnte. Das Pulver wurde aus eigenen Flaschen aus Holz, Geweih oder Metall entnommen; eine frühe Pulverflasche ist im Stadtmuseum erhalten.
Eine Muskete konnte von einer Person bedient und dabei mit beiden Händen gefasst werden. Beim Abfeuern mussten die früheren Gewehre auf eine Gabel, ein „Forquett“, gestützt werden. Das sollte das Zielen erleichtern und vor allem den starken Rückstoß auffangen. Mit der Entwicklung leichterer Gewehre gegen 1630 in Suhl konnten die Waffen ohne Stützen abgefeuert werden.

Andreas Korthals

Material/Technik

Eisen & Holz / geschmiedet

Maße

L 125 cm (Gesamt); 105 cm (Lauf); Kaliber 18 mm; Gewicht 5,4 kg

Literatur

  • Arfmann, Peter; Fritze, Hans-Jürgen (1998): Suhler Waffenkunst. Suhl
  • Blank, Ralf; Freiesleben, Dietmar (Hrsg.) (2017): [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum. Essen, S. 186f
  • Bußmann, Klaus; Schilling, Heinz (Hrsg.) (1998): 1648. Krieg und Frieden in Europa. Katalog zur gleichnamigen Europarat-Ausstellung in Münster und Osnabrück, Bd. 1-3. Münster
  • Heer, Eugene (1978-1982): Der Neue Stöckel. Internationales Lexikon der Büchsenmacher, Feuerwaffenfabrikanten und Armbrustmacher von 1400-1900, Bd. 1-3. Schwäbisch-Hall
  • Schmidtchen, Volker (1977): Bombarden, Befestigungen, Büchsenmeister. Von den ersten Mauerbrechern des Spätmittelalters zur Belagerungsartillerie der Renaissance. Eine Studie zur Entwicklung der Militärtechnik. Düsseldorf
  • Schmidtchen, Volker (1990): Kriegswesen im späten Mittelalter. Technik, Taktik, Theorie. Weinheim
  • Zellmann, Wolfgang (1992): Vom Luntenschloss bis zum Zündnadelgewehr. Entwicklung der Schusswaffen vom 16.-19. Jahrhundert. Magdeburg
Stadtmuseum Hagen

Objekt aus: Stadtmuseum Hagen

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