museum-digitaldeutschland
STRG + Y
de
Stadtmuseum Hagen [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum [2017/56]
Zeichnung: Erster Hagener Karnevalszug am 4. März 1935 (Stadtmuseum Hagen RR-R)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Hagen / Heike Wippermann (RR-R)
1 / 1 Vorheriges<- Nächstes->

Zeichnung: Erster Hagener Karnevalszug am 4. März 1935

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Originalversion (Datensatz) Entfernung berechnen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

Die aquarellierte Federzeichnung des Hagener Künstlers und Grafikers Reinhard Hilker (*1899, †1961) bezieht sich auf den 4. März 1935. An diesem Rosenmontag fand der erste Karnevalszug in Hagen statt. Im Vordergrund sind mehrere Figuren zu sehen. Sie laufen hinter einem Poseidon mit Dreizack. Das auf den ersten Blick harmlose und fröhliche Karnevalsbild besitzt einen perfiden Hintergrund. Es handelt sich um (von links nach rechts) den teuflischen „November-Verbrecher“ von 1918, dann ein „Gauner“, gefolgt vom „Hausierer“ und dem „Talmud-Juden“. Die Figuren lassen sich geläufigen antisemitischen Klischees und Vorurteilen zuordnen. Von Reinhard Hilker ist es die einzige bislang bekannte Arbeit dieser Art. Vermutlich gehörte die Zeichnung aber zu einer Serie, die als verschollen gelten muss.
Es ist wahrscheinlich, dass die Zeichnung eine reale Gruppe aus dem Hagener Rosenmontagszug im März 1935 wiedergibt. In den Monaten vor Verkündung der „Nürnberger Rassegesetze“ im September des Jahres kam es zu pogromartigen Ausschreitungen und antisemitischen Aktionen. Sie wurden durch die NSDAP und das vulgär-pornografische Hetzblatt „Der Stürmer“ gelenkt. Auch in Hagen fanden Gewalttaten und „Aktionen“ gegen Juden statt, bis hin zu öffentlichen Demütigungen und Misshandlungen. Über einige Hauptstraßen waren im Sommer 1935 große Transparente mit antisemitischen Parolen gespannt. Im Verlauf des Jahres wurden in Hagen, in den Stadtteilen und in Hohenlimburg gleich mehrere neue „Stürmer-Kästen“ aufgestellt. Sie ermöglichten das kostenlose Lesen des vom fränkischen Gauleiter Julius Streicher herausgegebenen Wochenblatts.
Hilker hatte 1919/20 am Staatlichen Bauhaus in Weimar studiert. Karl Ernst Osthaus ermöglichte ihm 1920 im Hagener Museum Folkwang seine erste Ausstellung. Mit dem Maler Christian Rohlfs verband ihn ein freundschaftliches Verhältnis. Bis 1927 war er Mitglied der Künstlergruppe „Der Fels“ und gehörte dem „Hagenring“ sowie dem Deutschen Künstlerbund an. Anfang 1933 trat Hilker der NSDAP und SA bei. Im folgenden Jahr wurde er Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste, ab Juli des Jahres Kassenwart in der Ortsgruppe Hagen.
Als Folge einer Hirnhautentzündung seit Kindesalter taubstumm, fiel er eigentlich durch das „rassenhygienische“ Raster der NS-Ideologie. Trotz seines frühen Parteieintritts und der Unterstützung des NS-Regimes lebte Hilker von der städtischen Wohlfahrt. Das Honorar für seine Arbeit wurde mit den laufenden Unterstützungs-Zahlungen verrechnet. Für das städtische Museum fertigte er 1934 bis 1940 zahlreiche Zeichnungen sowie Linol- und Holzschnitte an. Zur Vorbereitung des 200-jährigen Stadtjubiläums im September 1946 erstellte er 1937 bis 1941 für das „Haus der Heimat“ eine Serie von farbigen Aquarellen. In idealisierter Form sollten sie an das historische Stadtbild erinnern.
In der Nachkriegszeit knüpfte Hilker mit Erfolg an seine künstlerischen Arbeiten von vor 1933 an. Bis zu seinem Tod war er in Hagen und auch überregional tätig.

Ralf Blank

Quellen: StadtA Hagen, Best. Hagen 1, Nr. 2697, 9038;

Material/Technik

Paper & Tinte & Aquarellfarben / gezeichnet & aquarelliert

Maße

H 29 cm; B 59 cm

Literatur

  • Blank, Ralf; Freiesleben, Dietmar (Hrsg.) (2017): [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum. Essen, S. 144f
Stadtmuseum Hagen

Objekt aus: Stadtmuseum Hagen

Das Stadtmuseum Hagen ist seit November 2015 geschlossen. Die Wiedereröffnung wird im April 2021 anlässlich des 275-jährigen Stadtjubiläums erfolgen....

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Die Text-Informationen dieser Seite sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (Creative Commons Lizenz 3.0, by-nc-sa) Als Quellenangabe nennen Sie bitte neben der Internet-Adresse unbedingt auch den Namen des Museums und den Namen der Textautorin bzw. des Textautors, soweit diese ausdrücklich angegeben sind. Die Rechte für die Abbildungen des Objektes werden unterhalb der großen Ansichten (die über ein Anklicken der kleineren Ansichten erreichbar werden) angezeigt. Sofern dort nichts anderes angegeben ist, gilt für die Nutzung das gerade Gesagte. Auch bei der Verwendung der Bild-Informationen sind unbedingt der Name des Museums und der Name des Fotografen bzw. der Fotografin zu nennen.
Jede Form der kommerziellen Nutzung von Text- oder Bildinformationen bedarf der Rücksprache mit dem Museum.