Mariamman (Mutter Mari) ist die wichtigste südindische Muttergottheit, von der man sich früher die Abwehr der Pocken erhoffte. Sie wird in der Regel als schöne Frau mit mehreren Armen dargestellt. Die Vielzahl der Arme symbolisiert die Vielzahl ihrer Potenzen und Kräfte. Mariamman ist aber auch zuständig für die Fruchtbarkeit der Frauen und die Gesundheit der ungeborenen Kinder. Einer der bekanntesten Mariamman-Tempel steht in Punainallur in Tanjore, auf den sich auch unser Bild bezieht. Der Sage nach erschien dem Raja von Tanjore, Venkoji Maharaja Chatrapati (1676-1688), die Göttin Mariamman im Traum und trug ihm auf, sie in einem Punna-Wäldchen bei Tanjore zu suchen. Als der Raja am nächsten Tag sich dahin begab fand er eine Statue der Göttin und ließ dort einen Tempel zu ihren Ehren errichten. Dieser Punnainallur-Tempel besteht bis heute, und jährlich wird dort ein zehntägiges Fest gefeiert, an dessen 9. Tag die Statue der Göttin auf einem riesigen Wagen durch die Stadt gezogen wird.
Dieses Fest ist hier abgebildet. Während der reich geschmückte Wagen nach links gezogen wird, streben einige Männer nach rechts, wo sich kleine, erhitzte irdene Gefäße auf Rollen befinden. Diese nehmen sie auf und tragen sie für eine gewisse Strecke in ihren bloßen Händen. Einige Teile der Gouache (der Mann links, mit der Vielzahl von Gefäßen auf dem Kopf) sind nicht vollständig ausgearbeitet, sodass wir einen Einblick in die Herstellungstechnik dieser Bilder gewinnen. (Werner Kraus)
de