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Glättglas

Mindener Museum Objekt im Fokus [Mi/MA 339]
Glättglas (Mindener Museum RR-R)
Herkunft/Rechte: Mindener Museum / Christine Oberholz (RR-R)
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Beschreibung

Das Objekt im Fokus im März und April ist das Fragment eines Glättglases. Glättglas wird bei der Textil- oder Lederbearbeitung verwendet. Das Objekt wird während der archäologischen Ausgrabungen zwischen 1973 und 1976 in der Mindener Bäckerstraße gefunden. Heute ist es Teil der archäologischen Sammlung des Mindener Museums.

Das ursprünglich kreisrunde Glättglas besteht aus schwarzem undurchsichtigem Glas. Die Unterseite ist nach außen gewölbt und vollkommen glatt. Die Oberseite hingegen besitzt ein ringförmiges Muster und ist nach innen gewölbt. Bei der Herstellung des Werkzeugs wird heiße Glasmasse in eine einseitige Form gefüllt. Das ringförmige Muster auf der Oberseite entsteht durch den langsamen Erkaltungsprozess. Heute ist nur noch eine Hälfte des Glättglases vorhanden. Durch den langen Aufenthalt im Boden ist es an der Oberfläche stark angegriffen. Die Feuchtigkeit und chemische Zusammensetzung des Bodens bewirkten eine Ablösung der oberen Glasschicht. Dies wird als Glaskorrosion bezeichnet.

Glättgläser wurden insbesondere im häuslichen Bereich verwendet. Dort dienten sie zur Bearbeitung von Blusen, Borten oder Säumen. Zum Glätten wird mit der unteren Seite des Glättglases über den Stoff gerieben. Die ringförmige Oberfläche bietet den Fingern dabei einen festen Halt. Um ein besseres Ergebnis zu erzielen, werden die Gläser leicht erwärmt. Im handwerklichen Bereich dienten sie oftmals der Bearbeitung von Leder. Wird bei dem Glättprozess etwas Wachs hinzugefügt, so erhalten die geglätteten Oberflächen einen wasserabweisenden Effekt. Auch eine Nutzung zum Zerreiben von Kräutern oder die Glättung von Papierbögen kann nicht ausgeschlossen werden.
Das Glättglas ist auch als Gniedel-, Gnittel- oder Gniddelstein bekannt. Diese Bezeichnungen leiten sich vom niederdeutschen Begriff „gniden“ für „reiben“ oder „glätten“ ab. Die lange Tradition der Glättgläser reicht bis in das 2. und 3. Jahrhundert nach Christus zurück. Für diese Zeit lassen sich Funde in England, der Schweiz oder den Niederlanden belegen. Über archäologische Funde und schriftliche Quellen lässt sich eine Nutzungsdauer von knapp 1800 Jahren belegen. Die Hochzeit der Verbreitung der Glättgläser liegt jedoch im Mittelalter zwischen dem 9. und dem 14. Jahrhundert.

Die Fundstelle des Mindener Glättglases gibt bis heute Rätsel auf. Es wird im Abbruchschutt in der Bäckerstraße 51 gefunden. Für den vorderen Bereich der Parzelle lässt sich ein Steinhaus aus dem 13. Jahrhundert nachweisen. Dieses schreiben die Archäolog*innen einer wohlhabenderen Familie zu. Hinter dem Haus befindet sich ein Hof mit einem kleineren Fachwerkbau. Hier arbeitete und lebte eine Schuhmacherfamilie. Mehrere Schuhfunde, Gerbergruben und Lederschnipsel sind Relikte des spätmittelalterlichen Arbeitsplatzes. Im Hinterhof des Steinhauses befand sich eine Grube. Sie war mit Werkstoffresten der Schuhmacherei gefüllt. Die Funde deuten auf eine gemeinsame Nutzung der Abfallgrube durch beide Familien hin. Ob das Glättglas nun zum Glätten von edlen Stoffen der Familie oder als Werkzeug im Schuhmacherbetrieb diente, bleibt ungeklärt. Es handelt sich aber um einen eher seltenen Fund. Glas ist über Jahrhunderte ein wertvolles Material. Bruchstücke werden meist wieder eingeschmolzen und neu verarbeitet.

Material/Technik

Gegossen & geformt & Glas

Maße

3,1 cm x 7,9 cm

Literatur

  • Stepphuhn, Peter (1999): Der mittelalterliche Gniedelstein: Glättglas oder Glasbarren? Zur Primärfunktion und Kontinuität eines Glasobjektes vom Frühmittelalter bis zur Neuzeit. Stuttgart
  • Trier, Bendix (Hrsg.) (1987): Ausgrabungen in Minden. Münster
Mindener Museum

Objekt aus: Mindener Museum

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